Kategorien: Natur & Umwelt
Zukunftsorientiert, vielfältig, abwechslungsreich: Berufe im Bereich der Pflanzenzüchtung sind aus verschiedenen Gründen sehr attraktiv. Wie facettenreich die verschiedenen Berufsmöglichkeiten tatsächlich sind, ist vielen vermutlich gar nicht bewusst. Anne aus dem Klönstedt-Team hat vor kurzem Jenny Matthiesen getroffen und mit ihr über ihren beruflichen Werdegang gesprochen. Dabei hat sie sich von Jennys Begeisterung für die Berufswelt Pflanzenzüchtung anstecken lassen.
Kennt ihr Berufe, die so vielfältig sind, dass ganz viele Wege nach Rom führen, beziehungsweise Ausbildungswege zum Berufsziel? Ich habe mich für so eine Jobrichtung entschieden. Nach einigen Praktika stand mit Anfang 20 für mich fest, dass ich gerne im Bereich Journalismus arbeiten möchte. Studiert habe ich deshalb Geschichte – man lernt zu recherchieren, Texte zu erfassen und muss viel schreiben. Viele meiner Kommiliton:innen hatten ähnliche Pläne – die meisten von uns wollten nach dem Studium gerne „irgendwas mit Medien“ machen. Trotzdem sind wir alle in unterschiedlichen Bereichen gelandet, weil die Auswahlmöglichkeiten so groß waren.
Schlüsselposition mit viel Verantwortung
Deshalb finde ich sämtliche Berufe spannend, die vielfältig und abwechslungsreich sind und verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Was mir bis vor Kurzem nicht klar war – auch im Bereich der Pflanzenzüchtung ist das absolut der Fall. Durch die Beiträge, die ich für den Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter im Rahmen der Klönstedter Mendel-Allee geschrieben habe, hatte ich bereits eine leise Vorahnung. Aber so richtig begriffen habe ich die unzähligen Möglichkeiten der Berufswelt der Pflanzenzüchtung erst durch Jenny Matthiesen. Jenny habe ich zufällig auf der IGW in Berlin kennengelernt. Die 35-Jährige war mir sofort sympathisch (Kein Wunder, wir kommen beide aus Schleswig-Holstein … ;)).
Nach vielen Stationen im In- und Ausland ist Jenny seit 2020 als Sortenentwicklerin für den Ökolandbau in Europa bei dem Pflanzenzüchtungsunternehmen KWS am Standort Einbeck/Wiebrechtshausen aktiv. Ihre Hauptaufgabe ist es, aus den entsprechenden Zuchtprogrammen, in enger Abstimmung mit dem jeweiligen Züchter, kulturartenübergeifend (Getreide, Zuckerrüben, Erbsen oder Mais) aussichtsreiche Sortenkandidaten zu identifizieren, aus denen neue Sorten für die ökologische Landwirtschaft entwickelt werden können. „Die Anforderungen an unsere Sorten für den ökologischen Landbau sind in den Merkmalen zu 80 Prozent deckungsgleich mit Sorten für den konventionellen Anbau. Sie müssen genauso ertragsreich und robust sein, um am Markt bestehen zu können“, erklärt Jenny. Mit ihrem Job bekleidet sie eine Schlüsselposition, die viel Verantwortung und Koordination mit sich bringt. Denn in ihrem Bereich verantwortet sie das ökologische Feldversuchswesen über insgesamt acht Kulturarten und ist die Schnittstelle zwischen Züchtung, Wissenschaft, Marketing, Produktmanagement und Vertrieb.
„Lieber Feld als Labor“
Wovon Jenny bei ihren aktuell vielseitigen Aufgaben sehr profitiert, ist der berufliche Weg mit vielen Kurven und Abbiegungen, den sie bereits gegangen ist. Und der eignet sich perfekt, um die vielen verschiedenen Tätigkeitsbereiche in der Pflanzenzüchtung deutlich zu machen. Aber von vorn: Ich habe weiter oben schon kurz erwähnt, dass Jenny aus Schleswig-Holstein kommt. Aufgewachsen ist sie in einem Nachbarort von Hohenlieth bei Eckernförde, dem Hauptsitz der NPZ, also Norddeutsche Pflanzenzucht. Deshalb war ihr das Unternehmen schon als Schülerin bekannt. Ihr Pflichtpraktikum in der 9. Klasse hat sie jedoch nicht dort, sondern im Labor einer Molkerei absolviert und dort erste Erfahrungen mit modernen Technologien gesammelt. „Die Laborarbeit fand ich spannend, deshalb habe ich noch ein freiwilliges Praktikum im Labor der NPZ gemacht und mich anschließend für die Ausbildung zur Landwirtschaftlich-technischen Assistentin (vergleichbar mit der heutigen Ausbildung zur Agrarwirtschaftlich-technischen Assistenz) beworben. Die Aufgaben hierbei gingen weit über die Labortätigkeit hinaus, ich war genauso für die Arbeiten im Gewächshaus und auf den Versuchsfeldern eingeteilt. Während meiner zweijährigen Ausbildungszeit habe ich festgestellt, dass ich die Arbeit auf dem Feld viel aufregender finde als die im Labor“, erinnert sich Jenny.
Halligalli in der Ernte
Nach der Ausbildung hatte Jenny die Möglichkeit, weitere Erfahrungen zu sammeln – bei einem einjährigen Auslandsaufenthalt in Kanada konnte sie in einem Sommerraps- und Erbsenprogramm mitarbeiten. Zurück in Deutschland folgte eine 1,5 Jahre lange Anstellung in der Kartoffelzüchtung bei der Saka Pflanzenzucht in Windeby (bei Eckernförde). „Das war total spannend, weil man in der Züchtung von Kartoffeln einen ganz anderen Bezug zum Produkt bekommt. Ich habe aber in dieser Zeit gemerkt, dass ich eher ‚Team Mähdrescher‘ mit Halligalli in der Ernte bin“, sagt Jenny lachend.
Nach dieser Erfahrung hat sie sich entschieden, noch mal die Schulbank zu drücken und das Fachabitur an der Fachoberschule Agrar in Osterrönfeld nachzuholen, um einen Abschluss in Agrarwissenschaften an der Hochschule Anhalt in Bernburg zu erlangen. „Nebenbei habe ich im Internationalen DLG-Pflanzenbauzentrum als Hilfswissenschaftlerin gearbeitet und in den Semesterferien in der Saatzucht und im Außendienst der NPZ gejobbt“, erzählt Jenny. Das sei auch etwas, das sie Studierenden nur empfehlen könne. „Ich habe so ein Netzwerk aufbauen können, weil ich immer im Beruf war, verschiedene Leute aus unterschiedlichen Fachbereichen kennengelernt habe und für mich testen konnte, in welche Richtung es nach dem Studium gehen sollte.“ Bei der Entscheidung half Jenny auch eine Trainee-Stelle, die sie im letzten Semester 2015 durchlaufen hat: „Ich habe dabei gemerkt, dass Anbauberatung nicht mein Ding ist.“
„Make yourself grow“
Nach dem Bachelorstudium in Bernburg folgte erstmal der Weg in den öffentlichen Dienst. Im Bundessortenamt war sie 5 Jahre im Referat Wertprüfung Getreide tätig, das für die amtliche Prüfung und Zulassung neuer Pflanzensorten zuständig ist. Dort hat Jenny gelernt, schnell von einer Pflanzenart auf die nächste umzuschalten, denn im Referat Getreide wurden alle Getreidearten von Sommerhafer bis Winterhartweizen bearbeitet. Außerdem kam Jenny dort in Kontakt mit der Pflanzenzüchtung für den Ökolandanbau. „Ich habe festgestellt, wie spannend der Bereich ist und das dort ganz viele verschiedene Dinge zusammenspielen und die Systeme auf jeden Fall voneinander lernen können“, erinnert sie sich.
Und vielleicht sollte es so sein, dass sie im Januar 2020 auf eine Stelle beim Saatgutspezialisten KWS aufmerksam wurde, obwohl sie gar nicht aktiv auf der Suche nach einem neuen Job war. Schließlich steckte sie gerade mitten in ihrem berufsbegleitenden Master of Business Administration (MBA). Aber wie so häufig, kommt es anders, als man denkt, und drei Bewerbungsprozesse später stand fest: Jenny passte mit dem vielfältigen Wissen und ihrer Erfahrung, die sie sich über die Jahre erarbeitet hatte, perfekt zu der ausgeschriebenen Position. Seitdem arbeitet sie also als Sortenentwicklerin für den Ökolandbau. Ist das jetzt „das Ende“ ihrer beruflichen Entwicklung? „Bei uns im Unternehmen leben wir den Spruch ‚Make yourself grow‘“, sinniert Jenny. „Es gibt in der Pflanzenzüchtung diverse Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln, auch innerhalb eines Unternehmens. Denn Züchtung ist immer langfristig gedacht und die Landwirtschaft entwickelt sich stetig weiter.“
Lange Liste der Möglichkeiten
Dass Pflanzenzüchtung ein sehr zukunftsorientiertes Arbeitsfeld ist, empfindet nicht nur Jenny so, sondern die gesamte Branche mit deutschlandweit fast 6.000 Beschäftigten in ca. 130 Unternehmen aus den Bereichen Züchtung und Saatenhandel. Neben den Zukunftsaussichten ist vor allem auch die Vielfältigkeit total spannend: Viele Spezialist:innen sind tätig geworden, bis das Saatgut mit den gewünschten Eigenschaften zur Aussaat bei den Landwirt:innen oder auch direkt bei den Verbraucher:innen landet. Von kaufmännischen und handwerklichen Berufen über spezialisierte Labortätigkeiten bis zum Beruf Pflanzenzüchter:in selbst, von Mitarbeiter:innen in der Verwaltung, Logistik, im Marketing und Vertrieb, in der Entwicklung und Beratung, im Büro, Labor, im Zuchtgarten oder auf dem Feld – die Liste der Möglichkeiten ist extrem lang und beinhaltet sowohl verschiedene Ausbildungen als auch Studiengänge. Und selbst, wenn man sich für ein Tätigkeitsfeld entschieden hat, bleibt man trotzdem im engen Kontakt mit den anderen Fachgebieten. Denn eine gute Vernetzung untereinander ist die Voraussetzung für erfolgreiche Pflanzenzüchtung. Dazu gehören außerdem regelmäßige Weiterbildungen, internationale Kooperationen, die Entwicklung neuer Technologien und schließlich die Umsetzung neuester Forschungsergebnisse in die Praxis.
Pflanzenzüchtung als Teil der Lösung
„Bei uns ist jeder Tag anders, denn wir arbeiten mit der Natur und haben im Grunde genommen jedes Jahr nur einen Versuch“, beschreibt Jenny ihren Arbeitsalltag. „Deshalb müssen wir in Lösungen und mit Blick auf die Zukunft denken. Die Pflanzenzüchtung ist immer ein Teil der Lösung.“ Ich finde, dass das eigentlich ein wunderbarer Schlusssatz ist, aber etwas möchte ich doch noch von Jenny wissen: Was würde sie jungen Menschen mit auf den Weg geben, die ein Interesse an einem Job im Bereich der Pflanzenzüchtung haben? „Ich kann nur raten, während des Studiums Praktika zu machen und nach links und rechts zu schauen. Generell war es für mich total hilfreich, Dinge auszuprobieren, mich immer wieder neu zu sortieren und meinen Weg gegebenenfalls neu auszurichten.“ Und wenn es mal schiefläuft oder gar nicht weiter geht? „Wenn es nicht rechtsrum geht, dann geht’s linksrum oder geradeaus oder auch rückwärts“, ist Jennys Erfahrung. Und wenn man sich Jennys beeindruckenden Lebenslauf vor Augen führt, dann kann sie damit nur Recht haben!
Danke für das Gespräch und deine Zeit, liebe Jenny!
#Berufsweltpflanzenzüchtung
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Tauche noch tiefer ein in die #BerufsweltPflanzenzüchtung
Du interessierst dich für Pflanzen und findest Jennys beruflichen Werdegang auch spannend wie wir? Dann könnte ein Job im Bereich der Pflanzenzüchtung genau das Richtige für dich sein! Wenn du noch mehr über die Berufswelt der Pflanzenzüchtung erfahren möchtest, dann schau unbedingt auf dem Instagram-Kanal des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter vorbei! Dort findest du unter #BerufsweltPflanzenzüchtung jede Menge Einblicke. Weitere Informationen erhältst du außerdem unter www.die-pflanzenzuechter.de/berufswelten. Und wenn du richtig detailliert in verschiedene Berufsbereiche eintauchen möchtest, dann sieh dich auf dem Youtube-Kanal des BDP um. Falls du weitere Fragen hast, freuen wir uns über einen Kommentar oder eine Mail an redaktion@kloenstedt.de.
Für mehr Transparenz:
Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter entstanden. Wir sind riesige Fans der Arbeit des Verbands, der einen super Job macht – insbesondere, weil er viele großartige und wichtige Dinge im Bereich Pflanzenzüchtung macht, von denen viele Menschen gar nichts wissen. Diese möchten wir auf diesem Wege verbrauchernah erzählen.
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