Kategorien: Natur & Umwelt

Klar, ein blühendes Rapsfeld ist vor allem erstmal ein Highlight fürs Auge. Die Tourismusbranche in Schleswig-Holstein etwa kommt in ihrer Werbung für einen Besuch im hohen Norden kaum ohne Bilder der betörend leuchtenden Felder aus. Davon sollte man sich aber nicht blenden lassen. In Raps steckt noch sehr viel mehr und die Produkte begegnen uns überall im Alltag! Wir erzählen dir, wie vielfältig Rapspflanzen sind und was die Pflanzenzüchtung damit zu tun hat. 

 

Es ist Juni und das heißt: spätestens jetzt ist das erste Gemüse im Garten erntereif. Knackig grün strecken die Salatköpfe mir ihre Blätter im Hochbeet entgegen. Radieschen dazu, etwas Gurke – fertig ist ein herrlich frischer Salat aus eigener Ernte. Da kann man durchaus ein bisschen stolz sein. (Die Pflanzenzüchtung übrigens auch. Was die mit den im Hochbeet angebauten Pflanzen zu tun hat, kannst du hier noch einmal nachlesen.) Etwas fehlt aber noch zum perfekten Salat. Das Dressing! Möglichkeiten gibt es wahnsinnig viele, aber ich mag es gern relativ schlicht, denn der Geschmack des frischen Blattsalats soll nicht von irgendeiner Soße übertüncht werden. Deshalb fällt meine Wahl auf Essig- und Öldressing. Beim Öl gilt: Wer die Wahl hat, hat bekanntlich die Qual. Denn Auswahl gibt es im Ölregal tatsächlich genug. Zumindest, wenn man von der aktuellen Speiseölknappheit einmal absieht.

Das bedeutendste heimische Pflanzenöl

Von Oliven- über Sonnenblumen- und Kürbiskernöl bis hin zu Walnuss-, Distel- oder Leinöl – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Das bedeutendste heimische Pflanzenöl in Deutschland ist jedoch das hochwertige Rapsöl. Ich muss zugeben, dass mir das bislang gar nicht bewusst war. Und ich häufig aus reiner Gewohnheit zu Oliven- oder Sonnenblumenöl für verschiedene Zwecke in der Küche gegriffen habe. Bis ich in einem Rezept für Pesto gelesen habe, dass explizit Rapsöl dafür verwendet wurde … Deshalb möchte ich wissen: Was hat es mit Raps und dem Öl daraus genau auf sich?

Vielfältig einsetzbar

Ein wunderschön gelb blühendes Feld – das ist ein Bild, das im Wonnemonat Mai für Begeisterung sorgt. An Anblick und Duft können wir uns recht häufig erfreuen, weil bei uns in Deutschland auf etwa 1,1 Millionen Hektar Raps wächst. Und das liegt daran, dass die Pflanzenzüchtung die Erträge kontinuierlich verbessert, vielfältige Verwendungsmöglichkeiten von Rapsprodukten ermöglicht und somit den Rapsanbau für Landwirt:innen attraktiv gemacht hat. Tatsächlich ist kaum ein anderes Ernteprodukt einer Pflanze so vielfältig einsetzbar, wie die vielen kleinen schwarzen Körner, die bis zur Ernte im Juli in der Rapsschote heranwachsen.

Einer der wichtigsten Rohstoffe der Bioökonomie

Die Liste der Verarbeitungsmöglichkeiten ist lang: Rapskörner werden einmal zu Speiseöl gepresst, das nicht nur gut schmeckt, sondern auch ernährungsphysiologisch gesehen wertvolle Inhaltstoffe mitbringt. Außerdem kann Raps zu Biodiesel für Autos, Nutzfahrzeuge und Schiffe verarbeitet werden. Raps begegnet uns im Waschmittel oder kann zu Schmier- und Kunststoff verwertet werden. Rapsmethylester dient in Farbenfabriken als Ersatz für Lösungsmittel. Und richtig überrascht hat mich, dass uns Raps sogar vor dem Spiegel beim Schminken begegnet. Denn die kleinen Perlen bilden die Basis für zahlreiche Kosmetika. Hättest du das gewusst?

Das war aber noch nicht alles – das Rapsschrot sowie der sogenannte Rapskuchen, die beim Pressen des Öls anfallen, sind ein wertvolles, eiweißhaltiges und heimisches Futter mit einem ausgewogenen Verhältnis von Proteinen und Fasern in der Rinder- und Schweinefütterung. Raps ist also ein echtes Allroundtalent und die Pflanze kann nahezu restlos verwertet werden. Durch intensive Züchtungsarbeit hat sich Raps zu einem der wichtigsten nachwachsenden Rohstoffe der Bioökonomie entwickelt und trägt dazu bei, dass fossile Ressourcen Stück für Stück durch nachwachsende Varianten ersetzt werden können.

Pflanzenzüchtung gelingt doppelter Durchbruch

Vor ungefähr 50 Jahren war die beschriebene riesige Vielfalt der Rapsnutzung noch nicht möglich. Denn in den Rapskörnern befand sich in großen Mengen Erucasäure. Das ist eine einfach ungesättigte Fettsäure, die aus ernährungstechnischer Sicht nicht unproblematisch ist, da sie z. B. gesundheitsschädliche Anreicherungen von Fetten im Herzgeweben fördert. Deshalb konnte Raps lange Zeit nicht als Speiseöl verwendet werden. 1974 gelang der Pflanzenzüchtung aber der Durchbruch: damals konnte nach jahrelanger Züchtungsarbeit der erste erucasäurefreie Raps, auch Null-Raps genannt, angebaut werden. Noch mal einige Zeit später – genauer: im Jahr 1986 – feierte die Pflanzenzüchtung einen weiteren Durchbruch. Züchter:innen gelang es, die in Raps enthaltene bitter schmeckende Glucosinolate (ein Senföl) auf unter 10 Prozent des Ausgangswerts bringen. Diesen Raps nannte man Doppel-Null- oder Null-Null-Raps. Durch diese Minimierung der ungenießbaren Bitterstoffe ist Raps überhaupt erst als Lebensmittel und als Viehfutter brauchbar geworden. Heute können Landwirt:innen aus mehr als 90 verschiedenen Rapssorten die beste für ihre Anbauplanung wählen.

Strenge Selektion

Wenn man sich die millimeterkleinen Rapskörner einmal genauer anschaut, kann man nur erahnen, wie aufwändig und beschwerlich die Rapszüchtung ist. Von der ersten Kreuzung bis zum fertigen Saatgut einer neuen Sorte vergehen 10 bis 12 Jahre. Und auch, wenn die Züchter:innen und Wissenschaftler:innen mit modernen Methoden arbeiten, werden die ersten Pflanzen einer Züchtungslinie per Hand gekreuzt. Die einzelnen Rapspflanzen wachsen schließlich auf großen Feldern auf kleinen Parzellen. Diese Minifelder werden im Sommer gedroschen. Auf dem Mähdrescher befindet sich nicht nur ein Datenerfassungsgerät für das Gewicht, sondern auch Inhaltsdaten – quasi wie in einem kleinen Labor – werden direkt erfasst. Dann erfolgt die weitere Selektion: Nur die besten 5 Prozent aus einer Parzelle werden ins nächste Jahr weitergeführt.
Wenn du ganz genau wissen möchtest, was in der Rapszüchtung im Laufe des Jahres passiert, schau dir unbedingt den Kalender der Pflanzenzüchter:innen an. Darin erfährst du detailliert, welche Züchtungsarbeiten Monat für Monat anstehen.

Mehrere Eigenschaften im Blick

Worauf genau achten die Rapszüchter:innen bei ihrer Arbeit? Die einzelnen Zuchtziele sind vielfältig und komplex. Deshalb hat die Züchtung gleich mehrere Eigenschaften im Blick. In Kombination sollen sie dazu führen, dass sich Inhaltsstoffe verbessern, Ernteerträge stabilisiert bzw. erhöht werden können und die Umweltbilanz verbessert wird. Etwa, weil neue Sorten eine verbesserte pflanzeneigene Schädlings- und Krankheitsabwehr besitzen und so weniger Pflanzenschutzanwendungen notwendig werden. Außerdem müssen die sich verändernden Klima- und Umweltbedingungen berücksichtigt werden. In Europa wird beispielsweise meist Winterraps angebaut, der im August gesät und ein Jahr später im Sommer geerntet wird. In Gegenden wie beispielsweise Sibirien oder der Mongolei, in denen die Winter zu kalt sind, wird Sommerraps angebaut.

3 verschiedene Rapsölsorten

Kommen wir zurück zu meinem Blattsalat und dem Dressing. Meine Wahl ist auf kaltgepresstes Rapsöl gefallen. Es hat einen angenehm nussigen Geschmack, eine honiggelbe Farbe und ist sehr aromatisch. Man kann es nicht nur für Salate verwenden, sondern auch zum Verfeinern von Dips, Marinaden und Mayonnaisen.

Neben kaltgepresstem Rapsöl gibt es noch das „normale“ geschmacksneutrale. Es ist ein hellgelber „Alleskönner“, der sich für alle Bereiche in der Küche eignet – zum Kochen, Backen, Dünsten, Braten und Frittieren. Rapsöl ist nämlich bis 180 °C hitzestabil, geschmacks- und geruchsneutral und lässt das Aroma der frischen Zutaten durchkommen. Darüber hinaus sind in Rapsöl viele hochwertige Fettsäuren enthalten, weshalb Ernährungswissenschaftler:innen es für eine ausgewogene Ernährung empfehlen. Denn Rapsöl ist reich an Ölsäure sowie der entzündungshemmenden Alpha-Linolensäure und besitzt nur wenig gesättigte Fettsäuren.

Neben kaltgepresstem und „normalem“ Rapsöl gibt es noch eine dritte Variante: das Rapskernöl. Für dessen Herstellung werden die millimetergroßen Saatkörner in der Ölmühle vor dem Pressen noch geschält – sozusagen die Königsdisziplin. Geschmacklich ist Rapskernöl besonders mild-nussig und perfekt zum Dünsten oder als Salatöl geeignet.

Ein kleiner Einkaufstipp

Wenn du dir beim Einkauf nicht sicher bist, ob du eine Flasche Rapsöl oder kaltgepresstes Rapsöl in der Hand hältst, schau dir einfach das Etikett genauer an. Steht dort als Produktbezeichnung ausschließlich „Rapsöl“ ohne einen ergänzenden Zusatz wie „kaltgepresst“ oder „nativ“ handelt es sich immer um das geschmacksneutrale Küchen-Multitalent. Wenn du mehr über die Herstellung von Rapsöl erfahren möchtest, schau unbedingt auf Julias Deichdeern-Blog vorbei. Dort findest du einen Beitrag darüber, wie die verschiedenen Öle hergestellt werden.

Mein Blattsalat-Dressing braucht noch den letzten Feinschliff. Zum kaltgepressten Rapsöl gesellen sich etwas Balsamico-Essig, Senf, Honig, Zitrone, Salz und Pfeffer sowie ein paar Gartenkräuter – fertig ist ein richtig harmonisches, echt leckeres Dressing!

Und nun möchte ich wissen: Kochst oder backst du auch gerne mit Rapsöl? Wo setzt du es am liebsten ein? Wir freuen uns über deinen Kommentar unter dem Beitrag.
Wenn du darüber hinaus Fragen zur Rapszüchtung hast, kannst du sie dort ebenfalls stellen oder uns eine Mail an info@kloenstedt.de schicken.

Für mehr Transparenz:

Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter entstanden. Wir sind riesige Fans der Arbeit des Verbands, der einen super Job macht – insbesondere, weil er viele großartige und wichtige Dinge im Bereich Pflanzenzüchtung macht, von denen viele Menschen gar nichts wissen. Diese möchten wir auf diesem Wege verbrauchernah erzählen.

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