Kategorien: Natur & Umwelt
Leguminosen sind wahre Multitalente. Sie verbessern nicht nur den Boden und sorgen für Artenreichtum im Ackerbau, sondern sind auch für die tierische und menschliche Ernährung ein Gewinn. Wir schauen uns die außergewöhnlichen Pflanzen genauer an.
Hast du schon mal etwas von Leguminosen gehört? Legumi … was??? Le-gu-mi-no-sen. Oder einfacher: Hülsenfrüchtler. Nun klingelt es bestimmt, oder? Leguminosen sind Schmetterlingsblütler und gehören zu den artenreichsten Pflanzenfamilien. Es gibt etwa 730 Gattungen mit fast 20.000 Arten, die in 6 Kategorien oder Unterfamilien unterteilt werden. Wusstest du zum Beispiel, dass Klee zu den Leguminosen gehört, genauso wie Akazien oder Erdnüsse? Bei Letzteren war es zumindest für mich eine Überraschung. In diesem Beitrag möchten wir uns aber mit ganz bestimmten Hülsenfrüchten beschäftigen. Nämlich mit den heimischen Körnerleguminosen Erbsen, Bohnen, Lupinen und Co. Sie erleben seit einigen Jahren immer mehr Beachtung in der Ernährungsbranche, weil sie als richtig gute Eiweißquelle den Markt der Fleischersatzprodukte aufmischen.
Boom in der Ernährungsbranche
Ich selbst kann aufgrund einer Milcheiweißintoleranz Milchprodukte nur in kleinen Mengen vertragen und hab mich in den vergangenen Jahren regelmäßig gefreut, weil immer wieder neue Alternativen in den Supermarktregalen gelandet sind. Zum Beispiel gibt es inzwischen Erbsenmilch. Oder Eis und Joghurt aus Süßlupinen. Man findet Kichererbsen-Pattys und Bolognese aus Linsen. Für Menschen wie mich, die aufgrund von Nahrungsmittelunverträglichkeiten auf Ersatzprodukte angewiesen sind, mag das gar nicht so neu klingen. Aber aktuell erfahren Leguminosen als Eiweißlieferant und Fleischalternativen auch bei Menschen, die sich nicht vegan ernähren oder aufgrund einer Unverträglichkeit oder Allergie verzichten, einen richtigen Boom. Vom verpönten „Jedes Böhnchen ein Tönchen“-Gemüse haben Hülsenfrüchte in den vergangenen Jahren einen Imagewandel durchlebt. Ihr hoher Eiweißgehalt wird geschätzt und die Nachfrage immer größer.
Ein pflanzliches Multitalent
Dabei sind Leguminosen auf unserem Teller keineswegs neu – ganz im Gegenteil! Körnerleguminosen wie Kichererbsen, Bohnen, Erbsen, Lupinen oder Sojabohnen sind schon seit Beginn des Ackerbaus vor etwa 12.000 Jahren fester Bestandteil der menschlichen Ernährung. Bereits in der Antike erkannte Theophrast von Eresos, ein Schüler des Aristoteles, dass Leguminosenwurzeln die Furchtbarkeit von Böden verbessern. Warum das so ist, war damals noch unbekannt. Heute wissen wir, dass sie als einzige Pflanzenfamilie dazu in der Lage sind, Luftstickstoff (N2) zu binden.
Stickstoff wird von Pflanzen für die Bildung von Pflanzenmasse benötigt. Er wird entweder in organischer Form – also tierische Gülle oder als synthetischer Dünger während des Wachstums zugeführt. Der natürlicherweise in der Luft enthaltene Stickstoff ist für die Pflanzen nicht direkt verwertbar. Erst durch die magische Umwandlung beim Anbau von Leguminosen wird diese Form verfügbar gemacht. Das funktioniert durch eine Symbiose mit kleinen Knöllchenbakterien, die Rhizobien genannt werden. Sie kommen in großen Mengen im Boden vor.
Zusammen mit diesen Bakterien arbeiten die Leguminosen wie in einem Getriebe zusammen und können Stickstoff aus der Luft in Nährstoff umwandeln. In Zahlen ausgedrückt, bedeutet das: 140 bis 300 kg Stickstoff pro Hektar können so aus der Luft über den Boden für die Pflanzen verfügbar gemacht werden. Unsere heimische Ackerbohne gilt hier sogar als Weltmeister in der Stickstoffixierung unter den einjährigen Leguminosen. Durch diesen „Biostickstoff“ können Landwirt:innen den zugeführten mineralischen Stickstoffdünger in der Fruchtfolge verringern. Klimarelevante Emissionen, die ansonsten bei der Produktion von Mineraldünger entstehen, werden so eingespart.
Von ihrer natürlichen Stickstoffproduktion profitieren aber nicht nur die angebauten Leguminosen selbst, sondern auch nachfolgende Kulturen. Denn bei der Ernte von Futtererbsen, Ackerbohnen und Lupinen bleiben ein Großteil ihres Strohs und alle Wurzeln auf dem Feld zurück. Die darin enthaltenen Stickstoff-Vorräte können dann von nachfolgenden Kulturen genutzt werden. Leguminosen haben daneben ein weiteres „Talent“: Einige Monate vor der Ernte – nämlich zur Blütezeit im Frühjahr – sorgen die Schmetterlingsblütler für ein reiches Blütenbuffett für Insekten und tragen so erheblich zur Biodiversität in der Landwirtschaft bei.
Fester Bestandteil der Fruchtfolge
Viele Jahrhunderte lang gehörten Körnerleguminosen als Bodenverbesserer, Insektenernährer und Eiweißquelle für Mensch und Tier ganz selbstverständlich zum Anbauplan des deutschen Ackerbaus. Als die mineralische Düngung, also die Düngung mit anorganischen Stoffen wie Salzen, immer mehr zunahm und der globale Welthandel stärker wurde, wurden Hülsenfrüchte in den vergangenen Jahrzehnten hierzulande schließlich deutlich weniger angebaut. Eine Ausnahme bildete der Ökolandbau, bei dem sie immer ein fester Bestandteil der Fruchtfolge waren.
Seit einigen Jahren erleben Körnerleguminosen nun aber auch in der konventionellen Landwirtschaft ihr Comeback. Das liegt zum einen am bereits beschrieben Ernährungstrend. Zum anderen an den neuen Herausforderungen, denen sich die Landwirtschaft stellen muss. Hierzulande angebaute Leguminosen stellen eine gute Alternative für importiertes Soja dar. Deshalb findet gerade ein Umdenken statt und Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen oder heimisches Soja werden zunehmend für die Tierfütterung genutzt.
Außerdem haben sich die politischen Vorgaben bei Pflanzenschutz- und Düngegesetzgebung verändert. Landwirt:innen nutzen deshalb wieder vermehrt Leguminosen in ihren Fruchtfolgen, um die bodenverbessernden und stickstoffnachliefernden Eigenschaften zu nutzen. Durch den Klimawandel entstehende Wetterextreme – etwa langanhaltende Trockenheit oder Starkregen – steigern zusätzlich die Bedeutung von stabilen und sich ergänzenden Anbausystemen.
Aufgaben der Pflanzenzüchtung
Also back to the roots und die Probleme sind gelöst? Das klingt zu schön, um wahr zu sein und ist es leider auch! Für einen erfolgreichen Wandel braucht es mehr. An dieser Stelle kommt die Pflanzenzüchtung ins Spiel. Sie leistet generell einen enorm wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und Förderung der Nachhaltigkeit in der landwirtschaftlichen Produktion. Langfristig höhere Erträge auf der gleichen Fläche oder gleiche Erträge auf weniger Fläche zu erwirtschaften reduziert beispielsweise den Flächenverbrauch und schont die wichtige Ressource Boden. Außerdem ist ein weiteres Ziel der Pflanzenzüchter:innen Resistenzen gegen Krankheiten und Schädlinge zu verbessern und damit den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu mindern. So kann die Umweltbelastung verringert werden.
Herausforderungen in der Leguminosenzüchtung
Das ist natürlich nicht nur bei Weizen und Co. der Fall, sondern auch bei den Leguminosen. Hier steht die Züchtung allerdings vor zwei schwerwiegenden Problemen: Erstens ist trotz des Zuwachses der vergangenen Jahre die Anbaufläche von Körnerleguminosen in Deutschland bislang relativ gering. Obgleich eines großen Anstiegs im vergangenen Jahrzehnt lag die Anbaufläche im Jahr 2022 nur bei 288.300 Hektar, was lediglich 2,5 Prozent der deutschen Ackerfläche bedeutet, also noch ausbaufähig. Zweitens muss die Nachfrage nach zertifiziertem Leguminosensaatgut aus der Landwirtschaft weiter steigen, um die zeit- und kostenintensiven Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der Züchtungsunternehmen bei der Züchtung neuer, verbesserter Sorten abzusichern. Dabei besteht durch die gestiegene Nachfrage aktuell eine große Chance für die gesamte Landwirtschaft. Denn eine Investition in die Körnerleguminosenzüchtung ist eine Investition in die Zukunft.
Es gibt aber bereits Erfolge
Was man aber keineswegs vergessen darf: Die Pflanzenzüchtung hat im Bereich Leguminosen bereits wahnsinnig viel erreicht. Nehmen wir beispielsweise die Lupine. Sie kommt ursprünglich aus dem Mittelmeergebiet und besitzt einen hohen Anteil sogenannter Alkaloide, das sind giftige Inhaltsstoffe. Ihretwegen wurde die Leguminosenart als „Bitterlupine“ bezeichnet. Lange Zeit waren Lupinen deshalb nur als Gründüngung und nicht für die menschliche oder tierische Ernährung geeignet. Das änderte sich in den 1930er Jahren, als durch systematische Pflanzenzüchtung bitterstoffarme Körner entdeckt wurden und der Alkaloidgehalt deutlich gesenkt werden konnte. Wenn der Alkaloidgehalt weniger als 0,05 % im Korn beträgt, spricht man von „Süßlupinen“. Damit aus Lupinensamen Erzeugnisse für die menschliche Ernährung hergestellt werden können, darf der Alkaloidgehalt nur bei weniger als 0,02 % liegen.
Ein weiterer Züchtungserfolg ist, dass bereits mehr als 50 Sojasorten für den Anbau in Deutschland zugelassen sind, obwohl die wärmeliebende Kurztagspflanze eigentlich nicht an die hier herrschenden kühlen Temperaturen angepasst ist. Durch die Verbesserung der pflanzeneigenen Kältetoleranz haben Züchter:innen auch hier zu einer Verbreiterung der Produktpalette für die Landwirtschaft beigetragen.
Mendels Erbe
Oder schauen wir uns auch die Erbse genauer an. Sie ist nicht nur das berühmte Forschungsobjekt Gregor Mendels, sondern zählt zu Europas ältesten Kulturpflanzen und wird seit Jahrtausenden angebaut und darf in keinem Gemüsegarten fehlen. Dabei ist es aber allein Mendel und weiterer Pflanzenzüchtung zu verdanken, dass der Erbsenanbau heute sehr viel effizienter ist als der der Urformen. Denn die ursprünglichen Fiederblätter der Erbsenpflanzen wurden durch Züchtung zu feinen Ranken umgebildet, die sich überall festhalten und dadurch hoch hinauswachsen. Man nennt sie halbblattlose Erbsen. Durch die veränderten Blätter sind Erbsen standfester, ertragsstabiler und weniger anfällig für Pilze geworden. Trotz dieser Erfolge bleibt die Züchtung natürlich nicht stehen, sondern arbeitet auch bei Erbsen weiter an der Verbesserung von Standfestigkeit, Mähdruschfähigkeit und Kornertrag.
Welche Bedeutung haben Leguminosen nun zukünftig für die Landwirtschaft? Eine große! Denn sie nehmen bei der Lösung der derzeitigen Herausforderungen im Ackerbau eine wichtige Rolle ein. Und auch für die tierische und menschliche Ernährung bieten Leguminosen ein großes Potenzial. Ich bin auf jeden Fall schon gespannt auf tolle neue Hülsenfrucht-Produkte im Supermarkt!
Wenn du noch mehr über Leguminosen erfahren möchtest, dann kann ich dir einen Besuch auf dem Instagram-Kanal des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter sehr ans Herz legen! Und falls du weitere Fragen hast, freuen wir uns über einen Kommentar oder eine Mail an info@kloenstedt.de.
Hier findest du weitere spannende Themen rund um die Pflanzenzüchtung:
Für mehr Transparenz:
Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter entstanden. Wir sind riesige Fans der Arbeit des Verbands, der einen super Job macht – insbesondere, weil er viele großartige und wichtige Dinge im Bereich Pflanzenzüchtung macht, von denen viele Menschen gar nichts wissen. Diese möchten wir auf diesem Wege verbrauchernah erzählen.
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