Kategorien: Natur & Umwelt

Grafik mit Kartoffelpflanze, -pommes, -scheiben und -chips.

Sie wächst unter der Erde, ist gesund, vielseitig, echt lecker und typisch deutsch: die Kartoffel! Klingt alles stimmig. Aber ist es das auch? Wir haben uns für euch die beliebte Knolle, ihre Herkunft und Geschichte genauer angeschaut.

 

Es gibt wohl kaum ein anderes Lebensmittel, das so sehr mit Deutschland in Verbindung gebracht wird, wie die Kartoffel. Eventuell wäre da noch das Sauerkraut, das zu den bekanntesten deutschen Nationalgerichten zählt, aber auch da sind sehr häufig Kartoffeln als Beilage auf dem Teller zu finden. Allerdings stellt sich die Frage: Warum ist solanum tuberosum – wie der wissenschaftliche Name der Kartoffel lautet – so sehr mit uns Deutschen verknüpft? Weil die Kartoffel in Deutschland entdeckt wurde und sie seit vielen Jahrhunderten bei uns auf dem Speiseplan steht? Überraschung: weder noch!

Das Gold der Inka

Tatsächlich war die vermeintlich so deutsche Kartoffel vor 400 Jahren in Europa noch ein fremdes, exotisches Gemüse. Ihre Heimat liegt viele tausende Kilometer entfernt in den südamerikanischen Anden. Dort bauten die Inka bereits lange vor Christus Wildformen der Erdfrüchte als Nahrung an. Sie nannten sie „papas“ („Knollen“) und kultivierten hunderte Sorten in unterschiedlichsten Farben, die zum Teil selbst in Höhenlagen von mehr als 4.000 Metern wuchsen.
Es waren schließlich spanische Eroberer, die im Jahr 1525 auf der Suche nach Gold ins Inkareich kamen und einige Kartoffeln als Proviant für die Reise und als Geschenk für ihren König mit nach Europa brachten.

Nutzung als Zierpflanze

Die Spanier:innen konnten mit der essbaren Pflanze zunächst aber nur wenig anfangen. Aufgrund ihrer schönen Blüte wurde die Kartoffel immerhin eine beliebte Zierpflanze in botanischen Gärten. Als der damalige Papst krank wurde, schickte ihm der spanische König die heilenden Früchte nach Rom. Und weil die unter der Erde wachsende Knolle Ähnlichkeiten mit Trüffeln hatte, nannte man sie in Italien „tartufo“. Der Papst wiederum gab einige „Tartuffeln“ in die Niederlande. Dort nahm sich ab 1588 der Botaniker Carolus Clusius ihrer an. Er vermehrte sie nicht nur, sondern sorgte dafür, dass sie in weiteren europäischen Gärten wuchs – etwa ab Mitte des 17. Jahrhunderts zum Beispiel im Berliner Lustgarten des Großen Kurfürsten.

Friedrich der Große fördert den Kartoffelanbau

In süd- und westeuropäischen Ländern erkannte man die Kartoffel ab etwa 1640 als sättigendes Nahrungsmittel. In Deutschland blieben die Menschen dennoch misstrauisch gegenüber der fremden Pflanze. Obwohl die preußische Königsfamilie den Wert des Erdapfels erkannte, konnte sie ihr von Kriegen und Missernten geschwächtes Volk nicht von dessen Nützlichkeit überzeugen.
Es war das Jahr 1740 als Friedrich der Große den Thron bestieg und zeitgleich die Bevölkerung mal wieder Hunger litt. Der neue preußische König verordnete den Anbau von Kartoffeln, ließ ihn von Staatsdienern kontrollieren und verschenkte Saatkartoffeln. Diese Anordnungen und Befehle reformierten nicht nur die Landwirtschaft, sondern förderten den Kartoffelanbau. Als 1770 Preußen durch mehrere Getreidemissernten von einer weiteren großen Hungersnot betroffen war, überlebten die Menschen dank der Knollen und ihr Siegeszug bei den Deutschen begann.

Rettung der Kartoffel durch Züchtung

Nicht ganz hundert Jahre später musste man lernen, dass auch die Kartoffel nicht unverletzlich ist. Zwischen 1845 und 1849 herrschte in Irland eine Hungersnot, die als „Große Hungersnot“ in die Geschichte eingegangen ist und der 1 Millionen (und damit etwa 12 Prozent der damaligen irischen Bevölkerung) Menschen zum Opfer gefallen sind. Auslöser war die damals neuartige Kraut- und Knollenfäule, die zu mehreren Missernten des Hauptnahrungsmittels der Iren führte. Dazu kamen weitere Schädlinge, und Krankheiten, die  zusätzlich massive Ertragseinbußen verursachten. Der Züchtung resistenter Sorten kommt eine enorme Bedeutung zu, dass die Kartoffel auch heute noch angebaut und verzehrt werden kann. Allerdings ist es auch ein ständiger Wettlauf, da sich die Schaderreger permanent an neue Bedingungen anpassen und die Züchtung hier permanent reagieren muss. Das macht die große Bedeutung der Pflanzenzüchtung deutlich: denn Sortenvielfalt landwirtschaftlicher Kulturarten ist ein aktiver Beitrag zur Ernährungssicherung – auch heute noch.
(Hier kannst du dich über die Anfänge der Pflanzenzüchtung informieren.)

Die züchterischen Fortschritte sicherten aber nicht nur den Fortbestand der Kartoffel selbst, sondern sie konnten daneben die Erträge im Laufe der Zeit deutlich verbessern. In Zahlen ausgedrückt, heißt das: Wohingegen in den 1950er Jahren in Deutschland durchschnittlich etwa 245 Dezitonnen je Hektar geerntet wurden, waren es im Jahr 2017 mit 468 Dezitonnen mehr als doppelt so viele.

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Ein Kartoffelroder bei der Erntearbeit.

Unglaubliche Vielfalt

Seit ihrem Siegeszug gehört die Kartoffel bis heute zu den beliebtesten Lebensmitteln der Deutschen. Der jährliche pro Kopf Verbrauch liegt bei knapp 60 Kilogramm. Woran das liegt? Unter anderem an der unglaublichen Vielseitigkeit der Knolle. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, was man aus Kartoffeln alles machen kann? Salzkartoffeln, Kartoffelbrei oder -stampf, Pommes, Chips, Ofenkartoffel, Rösti, Knödel, Kartoffelpuffer, Bratkartoffeln, Kartoffelsalat … Die Liste könnten wir noch weiterführen. Damit das Nachtschattengewächs auch nach der Zubereitung appetitlich ist, haben die Pflanzenzüchter:innen bei der Züchtung neuer Sorten viele verschiedene Merkmale im Blick.

Pommes-Perfektion

Für die Pommesherstellung braucht es zum Beispiel sehr große, lange und ovale Knollen, damit möglichst lange, gleichmäßige Fritten herauskommen. Außerdem muss die Schale besonders glatt und robust sein. So bleibt zum einen der Schälabfall bei der Produktion gering und die feste Schale schützt vor krankheitsbedingten Druckstellen oder Fraßschäden, die zu Qualitätsabstrichen führen würden. Damit aber nicht genug: Die Züchtung beeinflusst auch den Stärke- und Zuckergehalt der Kartoffel. Damit die Pommes goldgelb und richtig schön knusprig werden, sollten die Erdäpfel für ihre Produktion einen Stärkeanteil von 14 bis 18 Prozent besitzen. Ganz schön komplex, oder?

Klönstedt-Grafik mit Kartoffelprodukten.

Lösungen für globale Herausforderungen

Die Züchtung beschäftigt sich aber natürlich nicht nur mit den perfekten Kartoffeln für Pommes. Forscher:innen ist es inzwischen sogar gelungen, eine Kartoffel zu züchten, die auf dem Mars wachsen könnte … Noch liegen die größten Herausforderungen allerdings bei uns auf der Erde. Die wachsende Weltbevölkerung, das sich verändernde Klima – mit der durch die Züchtung sichergestellten Sortenvielfalt bieten Züchter:innen Lösungen für globale Herausforderungen. Mit Erfolg: Kartoffeln zählen neben Reis, Weizen und Mais zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln der Welt. Außer in der Antarktis werden die Knollen auf allen Erdteilen angebaut: etwa 380 Millionen Tonnen pro Jahr. Insgesamt soll es mehr als 5.000 Sorten weltweit geben – in verschiedensten Farben und Formen. In Deutschland sind aktuell 234 amtlich geprüften und zugelassenen Sorten zugelassen. Für alle Landwirt:innen gibt es also die perfekte Kartoffelsorte für die besonderen Anforderungen ihrer Betriebe.

Lower carb: Züchtung macht’s möglich!

Dass die Deutschen „ihre“ Kartoffeln lieben, zeigt sich übrigens auch beim Anbau: 2020/21 konnte der inländische Bedarf komplett durch heimische Erzeugung gedeckt werden. Tatsächlich lag der Versorgungsgrad sogar bei 145 Prozent, sodass mehr als 5 Millionen frische oder verarbeitete Kartoffeln exportiert werden konnten. Apropos verarbeitet. Produkte wie Chips, Pommes oder Rösti dürften der Grund sein, weshalb der Kartoffel mitunter ein ungesundes Image anhaftet. In Wahrheit ist die reine Knolle aber sehr gesund. Eine einzige Kartoffel (150 Gramm mit Schale) deckt beispielsweise die Hälfte des Tagesbedarfs an Vitamin C eines Erwachsenen. Außerdem liefert sie Eiweiß und jede Menge Ballaststoffe. Trotzdem sorgen sich vor allem Abnehmwillige um den Kohlenhydratgehalt der Kartoffel. Hier hat die Züchtung durch gezielte Arbeit unlängst Abhilfe geschaffen und erste „Lower carb“ Kartoffelsorten entwickelt. Ihr durchschnittlicher relativer Energiegehalt ist im Vergleich zu herkömmlichen Sorten um mehr als 30 Prozent reduziert.

Kartoffeln für den Mars und „Lower carb-Varianten“ klingt schon ziemlich beeindruckend, oder? Wir dürfen also mit Sicherheit gespannt sein, zu was die Züchtung in Sachen Kartoffel in den nächsten Jahrzehnten noch in der Lage ist!

Und wenn ihr jetzt neugierig geworden seid und noch mehr über die Kartoffel und ihre Züchtung erfahren möchtet, dann schaut unbedingt auf der Seite des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter vorbei! Falls ihr außerdem noch Fragen zur Kartoffel habt, könnt ihr sie uns wie immer gern in den Kommentaren stellen oder ein Mail an info@kloenstedt.de schicken.

Für mehr Transparenz:

Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter entstanden. Wir sind riesige Fans der Arbeit des Verbands, der einen super Job macht – insbesondere, weil er viele großartige und wichtige Dinge im Bereich Pflanzenzüchtung macht, von denen viele Menschen gar nichts wissen. Diese möchten wir auf diesem Wege verbrauchernah erzählen.

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Hier kannst du den Beitrag noch einmal auf Plattdeutsch anhören:

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