Teilen ist in! Gerade in den aktuellen Zeiten. Autorin Ines Langhorst hat sich dem Thema für Klönstedt gleich von mehreren Seiten genähert. Sie beschreibt, was die Wirtschaft des Teilens überhaupt ist, wie man online Wissen und Ressourcen teilen kann und sie hat der Gedöns-Bibliothek im schleswig-holsteinischen Lauenburg einen Besuch abgestattet.

Text & Fotos: Ines Langhorst

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in neues Jahr ist ein bisschen wie ein Einhorn. Glitzernd und schillernd taucht es irgendwann vor einem auf, wenn die Fest- und Feiertage rum sind. 365 frische Tage – es gibt viel zu erleben, Neues zu starten.

In diesem Jahr ist mein Einhorn mehr so ein Esel. Struppig, er macht, was er will, und ist irgendwie jetzt schon bepackt. Nach Corona sind das Klima, der Krieg und die Energiekrise Teil unseres Alltags geworden. Ressourcen schonen ist angesagt.

Verbrauchen oder verzichten?

Wie gelingt es, trotz allem ein erfülltes Leben zu führen? Weniger verbrauchen und doch auf nichts verzichten? Diese Fragen sind nicht neu, gewinnen aber in diesen Zeiten für immer mehr Menschen an Bedeutung. Zeit also, dem Esel ein bisschen Futter zu geben, damit er in Gang kommt.

Die Theorie der Wirtschaft des Teilens

Der Einstieg ist trocken: Sharing Economy, die Wirtschaft des Teilens, ist seit vielen Jahren fester Begriff und ein wachsender Markt. Er meint das systematische Ausleihen von Dingen, gegenseitigem Bereitstellen von Gegenständen, Räumen und Flächen insbesondere durch Privatpersonen und Interessengruppe sowie das Teilen von Informationen und von Wissen.

Die Theorie der Wirtschaft des Teilens

Nach der Theorie drei Beispiele der Sharing Economy aus der Praxis, die vielen bereits bekannt sind:

1) Das lokale, soziale Nachbarschaftsnetzwerk nebenan.de gibt es bereits seit 2007 und hat mittlerweile rund zwei Millionen Nutzer:innen. Hier wird getauscht und geliehen – die digitale Plattform vernetzt die Menschen im Quartier. So die Grundidee. Was das Team um Till Behnke nun vorhat, lest Ihr hier (Artikel urban digital).

2) Raum- und Flächenkonzepte finden nach den Metropolen nun auch in städtischen Zentren im ländlichen Raum statt. Platz und Ausstattung für kreative Köpfe stellt zum Beispiel die MachBar in Lübeck und Bad Oldesloe zur Verfügung. In Rendsburg hat mit Cowork17 ein inklusiver Coworkingspace seine Türen geöffnet.

3) Carsharing, also das Teilen von Autos, war bisher ebenfalls vor allem in den Städten ein relevantes Thema. Nun gibt es auch Konzepte auf dem Land, wie das Dörpsmobil in Schleswig-Holstein.

Wissen und Informationen teilen

Das bekannteste gemeinschaftlich betriebene Projekt zum Teilen von Wissen und Informationen ist Wikipedia. Ob Blogs oder Plattformen: Fachleute aus verschiedenen Bereichen schließen sich zusammen, um ihr Wissen weiterzugeben. Die Ackerschwestern etwa beantworten Fragen rund um das komplexe Thema Landwirtschaft. Mit parteisieb.de nehmen sie den Koalitionsvertrag der Bundesregierung unter die Lupe und behalten die Entwicklungen im Bereich Landwirtschaft im Blick.

Zugangsbeschränkung Internet

Eigentlich ist also alles in ausreichender Menge verfügbar, wird digital organisiert und koordiniert. Nutzen kann das, wer online ist und sich im Internet sicher bewegen kann. Aber hier liegt ein Problem. Netzversorgung, alte Geräte oder geringe Digitalkompetenz: Vielen Menschen bleibt der Zugang zur Wirtschaft des Teilens online verwehrt.

Gedöns-Bibliothek in Lauenburg

Es geht aber auch anders: Ein Besuch in der Stadt- und Schulbücherei Lauenburg. Vom Hantelset über eine Nähmaschine bis zum E-Reader gibt es hier mehr als 20 Dinge in der sogenannten Gedöns-Bibliothek. Wer einen Büchereiausweis hat und mindestens 14 Jahre alt ist, kann sich die Gegenstände zwei Wochen lang ausleihen – ganz ohne Internetzugang. Und das klappt? „Ja. Und nur sehr selten kommt etwas kaputt zurück“, sagt Uta Silderhuis, Leiterin der Stadt- und Schulbücherei. (@stb.lauenburg)

Die Outdoor-Kamera ist sehr beliebt bei Jugendlichen, die mit dem Skateboard oder dem Rad unterwegs sind, weiß Uta Silderhuis.

Digitaler Knoten in Stadt- und Schulbücherei

Besonders beliebt ist die Bohrmaschine. In den 24 Fächern sind viele digitale Geräte. Von der Spielekonsole über eine externe Festplatte bis zum E-Reader und der Helm-Kamera reicht das Angebot. Diesen Schwerpunkt hat das Team bewusst gesetzt.
Die Stadt- und Schulbücherei ist digitaler Knotenpunkt in Schleswig-Holstein, gefördert vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Menschen sollen hier zusammenkommen und digitale Technologien ausprobieren und sich austauschen – lokal und digital.

Die Einhörner sind los in der Stadt- und Schulbücherei Lauenburg: Der 3-Drucker druckt das Mini-Einhorn getreu des Originals. Nur der Glitzerstaub bleibt Handarbeit.

Smarte Technologien im Makerspace

Dafür steht nur einen paar Schritte weiter das tüd3l.eck zur Verfügung. Eine digitale Stickmaschine, ein Schokoladendrucker und die Folienschneidemaschine in Kombination mit der Hitzetransferpresse sind beliebt bei allen, die kreativ in und um Lauenburg unterwegs sind. Hüterin des Makerspace ist Medienpädagogin Marielies Schuldt. Sie freut sich über jede:n, die/der kommt und etwas ausprobieren möchte – ein Büchereiausweis ist für das tüd3l.eck nicht nötig. Die Nutzung ist kostenlos, lediglich der Materialpreis fällt an. Zum Beispiel für den 3-D-Drucker, in dem zuletzt ein Einhorn gedruckt wurde.

Marielies Schuldt hat die Tasche im tued3l.eck selbst bedruckt und hilft allen, die sich ausprobieren möchten.

VR-Brille zum Ausprobieren

Abtauchen oder aufsteigen in fantasievolle Welten – die virtuelle Realität ist in der Bücherei nur ein paar Meter entfernt. Unter Anleitung ist auf dem Ikaros-Sportgerät mit einer entsprechenden VR-Brille ein Flug über die Berge oder ein Tauchgang in die Tiefen des Ozeans möglich.

Nur ein paar Schritte entfernt, wartet die virtuelle Realität.

Digitales Wissen für alle Generationen

Mit einer Gruppe von Senioren arbeitet Marielies Schuldt regelmäßig am Smartphone. Die beliebteste App der Menschen über 70 Jahre ist Whatsapp. Gemeinsam lernen die „Smarties“, wie sie Sprachnachrichten verschicken oder Bilder der Enkel im Drogeriemarkt um die Ecke ausdrucken. Rund 1000 Menschen haben den digitalen Knoten in Lauenburg im Jahr 2022 genutzt. Eine gute Tendenz nach zwei harten Corona-Jahren, sind sich die Medienpädagogin und die Leiterin der Stadt- und Schulbücherei einig.

Für 2023 steht viel an. Marielies Schuldt will alle Schüler:innen der achten Klassen der Schule vor Ort zu „Fake Huntern“ machen. Über das Planspiel lernen die Jugendlichen faktenbasierte Nachrichten von Falschmeldungen zu unterscheiden. Und der Umzug der Stadt- und Schulbücherei steht an. Am neuen Standort bekommt der digitale Knoten mehr Platz.

Neues entdecken durch Sharing Economy

Gegenstände, Techniken, Räume und Wissen: Die Stadt- und Schulbücherei Lauenburg ist ein Paradebeispiel für eine Wirtschaft des Teilens, in der die Zugangsbarrieren sehr niedrig sind. Und Einhörner, die gibt es dort auch, für alle die, die sich auf den Weg machen, Neues zu entdecken.

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