Seitdem unsere Autorin Lisa Matthiesen selbst Mutter ist, sieht sie sich immer wieder mit ihrer Mutterrolle konfrontiert. Die ist zum Teil geprägt von alten Rollenbildern, vor allem mit dem Bild der „perfekten Mutter“, die gerade am Muttertag besonders gehuldigt werden soll. Dabei wird es Zeit diesem Mutterbild mal ein Upgrade zu verpassen und dem Muttertag gleich mit, findet Lisa und feierte dieses Jahr ihre erste Muttertagsparty!

Der Muttertag ist irgendwie ein komischer Tag. Wenn ich an das Wort Muttertag denke, kommt mir plötzlich die Stimme von Rammstein-Sänger Till Lindemann in den Kopf, wie er in Rammstein-Manier M-U-T-T-E-R-T-A-G sagt – mit sehr gerolltem „R“. 
Und weil Rammstein nun einmal mit diesem alten deutschen Slang spielen, denke ich dabei in Kombination mit dem Wort „Mutter“ unweigerlich an alte, deutsche Mutterbilder. Wie häufig angenommen wurde der Muttertag zwar nicht von Nationalsozialisten, sondern tatsächlich in Deutschland von Floristenverbänden initiiert (aha!) – trotzdem wurde er von den Nazis missbraucht.  

Denn für sie war die Mutter (denk dir die Rammstein-Aussprache!) vor allem eine Gebärmaschine, die zum Erhalt des „deutschen Volkes“ diente. Es gab sogar „Leistungsabzeichen“ wenn frau mehrere Kinder gebar – ab acht oder mehr Kindern gab es die Goldmedaille (ciao!). Dieses degradierende Ansehen der Frau als Gebärmaschine passt ins patriarchalische Weltbild: Die Frau hat Kinder zu bekommen und diese großzuziehen. Und um diese Leistung zu „würdigen“ und andere Frauen ebenfalls auf diesen Weg zu bringen, kam der Muttertag natürlich gerade recht und wurde schamlos ausgenutzt. 

Kindheitserinnerungen

Obwohl ich glücklicherweise lange nach dem Nationalsozialismus geboren wurde, haben Teile dieses Mutterbildes überlebt. Als Gebärmaschinen wurden Mütter zum Glück nicht mehr gefeiert aber gefühlt existierte noch diese Ehrfurcht und das hohe Ansehen „der Mutter“, als eine Frau, die sich einzig und allein für die Familie aufopferte.  

So erinnere ich den Muttertag in meiner Kindheit rückblickend als einen komischen Tag, an Ehrfurcht und erzwungene Dankbarkeit der Gesellschaft und vor allem den Kindern der Mutter gegenüber. An Basteln müssen und an ein gequältes Lächeln der Mutter über den gedeckten Frühstückstisch von dem sie schon wusste, dass sie ihn am Ende wieder alleine abräumt.

In einer etwas stärkeren Emo-Phase meiner Teenie-Jahre habe ich mich gefragt: Warum soll ich meiner Mutter eigentlich dankbar sein, beziehungsweise meinen Eltern? War doch deren Entscheidung, mich (und meine Geschwister) zu bekommen. Ich habe sie nicht drum gebeten!

Gut, aus Erwachsenensicht weiß ich, ich sollte tatsächlich dankbar sein. Dafür, dass ich so behütet aufgewachsen bin, dafür, dass meine Eltern mir so viele Möglichkeiten erschaffen haben und ich so viel Gutes von ihnen mitbekommen habe. Dankbar für mein Leben, auch wenn ich nicht danach gefragt habe. Aber der Mutter dafür in Ehrfurcht gegenübertreten? Nö! Meine Eltern haben das auch nie so gesehen und doch wird es uns gesellschaftlich durch Bräuche und Tradition oft so vermittelt. Dabei hätten auch meiner Mutter sicher andere Sachen besser gefallen und besser getan, als eine Dankeskarte und der obligatorische Gutschein für 1 x Haus putzen. Einen Tag ihre Ruhe haben zum Beispiel oder nachhaltige Unterstützung im Haushalt, den sie alleine geschmissen hat.

Heute bin ich selbst Mutter und werde somit unweigerlich mit diesem Muttertag konfrontiert. Er könnte mir egal sein, ist er aber nicht. Weil die Werbung im Supermarkt, die Posts auf Instagram und die kitschigen Bilder dazu mich triggern und zwar dazu, mich selbst mit meiner Mutterrolle auseinanderzusetzen.

Also, here we go:

Ich will ganz sicher kein Abzeichen für meine Mutterschaft, ich will nicht geehrt oder dafür gefeiert werden. Ich will nicht, dass mein Kind mir dankbar sein muss, weil es für mich selbstverständlich ist, dass ich und mein Partner alles in unserer Macht stehende dafür tun, dass dieses Kind gut aufwächst. Ich will keinen fetten Blumenstrauß und hören: „Danke dafür, was du alles für uns tust!“ Habe ich zum Glück auch noch nie gehört, denn wir machen das gemeinsam und tun bestenfalls beide genau gleich viel dafür!

Wie gesagt: bestenfalls. Denn natürlich ist die Realität, dass ich meistens doch mehr Dinge dazu im Kopf habe, an mehr Sachen denke. Hello Mental Load!

Und natürlich geht es allen meinen Freundinnen genauso. Und noch was geht uns genauso: Wir strugglen mit dem alten Mutterbild. Mit der vermeintlich perfekten Mutter, die sich aufopferungsvoll um ihre Kinder kümmert, ja, wirklich sich selbst dafür aufopfert. Und das immer mit einem Lächeln im Gesicht.

Denn so oft stellen meine Mama-Freundinnen und ich fest: Wir entsprechen diesem Bild nicht! Wer hat dieses Bild überhaupt erschaffen und wieso erhalten wir es aufrecht, in dem wir uns immer für alles entschuldigen oder uns zu rechtfertigen versuchen, wenn wir mal wieder als letzte Mutter das Kind aus der Kita abholen, wenn es zum Abendbrot Pommes gibt oder wenn wir mal schlicht keinen Bock auf Spielplatz haben und stattdessen einen Nachmittag vor’m Fernseher verbringen?

Ist es nicht befreiend zuzugeben, dass es bei dir auch so ist? Ist es nicht befreiend sich einzugestehen, dass man so oft erschöpft und genervt und müde ist und seine Ruhe will auch wenn man seine Kinder über alles liebt? 
Sollten gerade wir Mütter uns nicht vielleicht viel mehr supporten, als über uns zu urteilen?

Ich finde ja!

Es tut gut, in Gemeinschaft zu sein

Ich liebe den ehrlichen Austausch mit meinen Mama-Freundinnen und obwohl es manchmal fast erschreckend ist, wie gleich schlecht es uns in vielen Dingen geht, tut es immer auch gut zu hören, dass man nicht die Einzige ist. Und es tut gut, wenn wir uns gegenseitig bestärken, wenn wir uns helfen und uns gegenseitig inspirieren. Es tut gut, in Gemeinschaft zu sein. 
Aus dieser Erkenntnis habe ich für mich einen neuen Umgang mit dem Muttertag gefunden und zwar, als einen Tag für mich und meine Mama-Gemeinschaft.

Und so habe ich in diesem Jahr zum ersten Mal zur Muttertagsparty bei mir zuhause eingeladen. Nur Mütter, ohne Kinder & Co. Ein Tag für uns. Mit viel leckerem Essen, viel Prosecco und vor allem Entspannung. Es war herrlich! Wir saßen auf meinem Balkon in der Sonne oder haben auf dem Sofa gelümmelt. Haben viel gelacht und auch ernste Themen besprochen. Haben uns in den Arm genommen und angestoßen.

Wer, wenn nicht wir selbst sollte stolz auf uns sein, dankbar, milde und fürsorglich? Eben! 
Was wäre, wenn wir uns als Mütter ab sofort viel mehr ehrlich austauschen, uns ausweinen, und gegenseitig helfen, uns Verständnis gegenüberbringen und uns feiern für das, was wir erschaffen haben? Wenn wir lernen, unsere ganz eigenen Bedürfnisse abseits der Familie wieder zu spüren und auch zu erfüllen?

Könnten aus uns nicht vielleicht glücklichere, stärkere, ehrlichere und entspanntere Mütter werden? Können wir nicht vielleicht ein neues Mutterbild schaffen, welches uns unsere Rolle leichter macht, uns mit unseren eigenen Müttern versöhnt und einen Weg ebnet, für die, die noch Mütter werden?

Von der Party zur Bewegung

Keine Ahnung ob es zwischen zwei Flaschen Prosecco gelingt, das Bild der Mutter neu zu denken und vor allem unserer aktuellen Zeit entsprechend. Aber nach diesen schönen Erlebnissen meiner kleinen Muttertagsparty will ich es zumindest versuchen. 
Und ich kann nur allen Müttern empfehlen, es ebenfalls zu tun. Wenn es schon diesen Tag gibt, dann können wir ihn doch zumindest mal für uns nutzen. Von der Party zur Bewegung, das wäre doch mal was!

Unsere Muttertagsparty soll jetzt Routine werden. Zum 12. Mai 2024 haben wir uns bereits verabredet. 

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