Was wünschen sich Mütter wirklich zum Muttertag? Unsere Bürgermeisterin Julia Nissen hat ihre persönlichen Gedanken und Wünsche zum Muttertag aufgeschrieben. Dabei gibt sie auch noch den ein oder anderen Tipp zum Nachdenken und -lesen mit auf den Weg …

Es ist Montag. Ich nehme mein Handy in die Hand und scrolle durch die WhatsApp Stati meiner Handykontakte. Der WhatsApp Status, das müsst ihr wissen, ist eine feste Säule des dörflichen Buschfunks: Du willst etwas verkaufen, anbieten, diskutieren oder anpreisen? Packs in den Status, lehn dich bequem zurück und warte bis einer anbeißt. Das ist jetzt kein Insiderwissen, sondern es wird von manchen schon recht professionell betrieben: Besonders sticht in meinen Kontakten der Direktvertrieb heraus. Ich habe da drei Klassen: Rindersperma, „Frischekosmetik“ und überteuerte Haushaltsutensilien. Letzteres gerne mal im preislichen Umfang einer 2-Zimmer Wohnungsmiete in Hamburg-Eppendorf oder einem Hausabtrag auf dem Land. 

Status-Kleinanzeigen

Der letzte Status in meinem Durchgeklicke kommt heute von Petra* (*Name geändert) ein Muttertagsangebot an: „Geschenke zum Muttertag“ – Alles natürlich in einer etwas zu schnörkelig-schrulligen Schrift. Im Hintergrund ein astrein eingezogener Rosenblatt-Hintergrund. Danke Canva, auf dich ist Verlass. Die Produktpalette kann sich sehen lassen: Auflaufform für 115 €, Flammkuchengitter plus Kratzer 130 € oder das Pizzaset für 135 €. Wenn ich mir jetzt selber ein Geschenk ordere, darf ich mir sogar ein Allzweckmesser in Grün im Wert von 18,90 € selber aussuchen. Ich weiß gar nicht, was ich armseliger finde: Die Präsente zum Muttertag an sich oder der Fakt, dass ich sie mir auch noch selber bestellen muss.  

Doch was wünschen sich Mütter wirklich? Eine gute Frage, die natürlich nur jede Mama für sich beantworten kann. Trotzdem traue ich mich für die Allgemeinheit zu sprechen und sage: ‘Ne Packung Katzenzungen oder noch eine Schachtel Merci, die schon dreimal weiterverschenkt wurde, ist es nicht.  

Jeder Klick ein Volltreffer: „Geschenke“ zum Muttertag

Ich setz mich an den Laptop und google mal, was sich Mütter wünschen: Jeder Klick ein Volltreffer. Allen voran das Unternehmen mydays. Die haben eine Studie in Auftrag gegeben, die bescheinigt, dass sich Mütter vor allem Erlebnisgutscheine wünschen. Hah! Ein Schelm, der Böses dabei denkt – bei einem Erlebnisanbieter. Ich weiß ja nicht, wie das bei euren Müttern ist, aber meine Mutter hat noch nicht mal 1 x Autowaschen von 1998 und 1 x Frühstück ans Bett von 2001 eingelöst. Ganz geschweige von dem Hut-Gutschein 2020 oder der Eat-theworld-Tour 2018. Nun gut, ob Gutscheine jetzt so die Lösung sind – ich weiß nicht. Gewünscht hat sie sich diese Dinge im Übrigen nie. Sie hatte immer nur einen Wunsch: Ruhe. Nicht den ganzen Tag, nur mal eine halbe Stunde die Augen zuzumachen, zu dösen, Zeit für sich zu haben, um durchzuatmen und neue Luft zu holen für den restlichen Kampftag zwischen zwei fordernden Kindern, Wäschebergen und einem 50 Stunden-Job.

Zugegeben, diese Sehnsucht nach Ruhe habe ich erst verstanden, seitdem ich selbst Kinder habe. Ich bin ebenfalls den ganzen Tag unter Strom. Diesen Artikel schreibe ich zum Beispiel nicht von Melancholie durchtrieft in einer Meg-Ryan-Pose nebst einer XXL-Schale Cappuccino an der Fensterbank, sondern am Frühstückstisch neben meiner zweijährigen Tochter, die grad ihre ersten Erfahrungen mit dem Brotschmieren sammelt. Spoiler: Klappt noch nicht so gut. Immer im Blick: Die Uhr. Mein Mann regelt in diesem Moment die anderen beiden Kids (3 und 7 Jahre).

Von Allgemeinplätzen und fifty-fifty

Volker, so heißt er, ist echt ein toller Typ. Ich liebe ihn für sein Sein, seinen Charakter, seinen Humor. Unsere Gesellschaft liebt ihn auch. Besonders für jeden Handschlag, den er im Haushalt oder in der Kindererziehung macht, wird er kräftig mit einem imaginären High-Five abgefeiert. Wenn ich mich mit Menschen beruflich oder privat austausche, dann folgt meist nach drei, vier SmalltalkSätzen die Frage: „Wenn du hier bist, wo sind dann deine Kinder? – Ich antworte dann brav: „Beim Vater.“ – Daraufhin folgt immer der feststellende Satz: Toll, dass dein Mann dich so unterstützt. Oder noch besser: „Toll, dass dein Mann dir die Kinder abnimmt.“ In beiden Fällen folgt das feststellende: „Da hast du echt Glück. Von mir wird an der Stelle ein verlegenes, schmachtendes „ja“ erwartet – oder einfach Lächeln und Schweigen. 

Aber ist es wirklich Glück? Vielleicht ist es ja sogar so gewollt! Vielleicht ist dieses „Glück“ das Fundament unserer Beziehung? 

Volker und ich leben dieses 50.50-Ding. Die Sorgearbeit – oder eben neudeutsch Care Arbeit – umfasst die Tätigkeiten des Sichkümmerns: Kinderbetreuung, Haushalt, Wäsche, Taxifahrten und – nicht zu unterschätzen – die Dinge, die man im Kopf hat: Wer besorgt das Kindergeburtstagsgeschenk für die mittlere Tochter? Wer macht den Salat fürs Grillbüffet bei den Nachbarn? Wer denkt dran U-Untersuchungstermine abzumachen? Wer geht einkaufen? Wer bringt die Kids zum Fussi oder Turnen? Und vor allem: Wer ist in all den Eltern-WhatsApp-Gruppen vertreten (dazu mal eine eigene Kolumne – das würde den Rahmen sprengen).  

Besser: Machen!

Dieses Leben verlangt von uns beiden vor allem eines: Selbstbewusstsein. Bei mir in den oben genannten Nachfragen und bei Volker im Dialog mit Menschen, die eine tradierte Rollenverteilung leben. Können sie natürlich auch gern, aber dann möchte ich, dass zumindest in diesen Familien darüber gesprochen wird, was Teilzeitfalle und Altersarmut bedeuten und wie es diese vorzubeugen gilt, denn von Luft, Liebe und Wertschätzung kann ich leider keine Rechnungen zahlen. 

Klönstedt-Grafik mit Muttertagswünschen

Also, wir haben es in der Hand es besser zu machen – und deshalb habe ich zur Feier des Tages auch gebastelt. Wenn ihr auf diesen Link klickt, bekommt ihr eine Muttertags-Wunschliste zum Teilen. Ihr könnt sie ausdrucken, eurer Familie als WhatsApp-Nachricht senden oder gleich in den Status stellen – und dann warten, was passiert. Nachhaltiger als ein Flammkuchenrost ist es allemal.  

In diesem Sinne – einen emanzipierten Muttertag.

P.S.: Das Bild ist eine schöne Alternative zu den „Mama – Abkürzung für Superheldinnen“-Nachrichten. Sie sind nämlich keine Heldinnen, sondern auch nur Menschen. Das vergessen wir manchmal. Außerdem findet ihr unter diesem Beitrag noch zwei Buchempfehlungen zum Thema Gleichberechtigung …

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