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Welche alten Berufe kennst du? – Wie sieht es mit Neuen aus? Unsere Autorin Jana Walther schaut sich in diesem Jahr die Arbeitswelt der Vergangenheit und Zukunft genauer an. In ihrer zweiten Kolumne nimmt sich dich mit zu einer Maßschneiderin:
Schon als kleines Mädchen hat Daniela Knüppel auf dem Zuschneide-Tisch im Modeatelier ihrer Mutter gesessen und bunte Knöpfe an Stoffe angenäht. Am nächsten Morgen wurden diese wieder abgetrennt und der Spaß konnte für Daniela von Neuem beginnen.
Das Atelier in Fockbek in der Nähe von Rendsburg war und ist ihr zu Hause. Vor 13 Jahren hat sie den Betrieb ihrer Mutter übernommen. Heute ist sie mit ihren drei Lehrlingen der größte Ausbildungsbetrieb für Maßschneider:innen in Schleswig-Holstein. Danielas Mutter Inge Knüppel komplettiert das Team. Sie arbeitet auch mit Anfang 70 weiter im Atelier. Einmal Maßschneiderin, immer Maßschneiderin.
Der berufliche Weg in die Maßschneiderei war für Daniela Knüppel vorbestimmt. Zwar versuchte ihr Vater zeitweise sie davon überzeugen, in seine Fußstapfen als KFZ-Mechaniker zu treten, doch Daniela entschied sich für den Weg ihrer Mutter. Die Liebe zu Stoffen und schöner Kleidung war einfach größer als die zu Zange und Motoröl.
Wenn Daniela morgens früh um 4 Uhr aufsteht, kommen ihr schon die ersten Ideen in den Kopf. „Vielleicht passt doch besser ein Stehkragen anstatt eines Revers zu dem Anzug?“ Sie nutzt die morgendliche Ruhe im Atelier, um bereits an einigen Kleidungsstücken zu arbeiten und die Inspiration der letzten Nacht auf Papier zu bringen. Die Schneiderei sei für sie mehr eine Passion als Arbeit. Daher mache es ihr auch nichts aus, deutlich mehr als die klassischen acht Stunden am Tag zu arbeiten.
Individualität statt Massenware
Das Sterben der Schneidereien habe ihr schon zu schaffen gemacht. „Als ich den Betrieb von meiner Mutter übernommen habe, hatte sie nur noch einen Lehrling – vorher waren es sechs“, erinnert sie sich. Doch das Handwerk habe ihrer Ansicht nach wieder Zukunft. Handgefertigte Kleidung hat einen Wert und ihre Kundschaft weiß diesen zu schätzen. „Viele wollen sich von dem Einheitsbrei in der Modewelt abheben – und kommen zu mir.“
Außerdem habe sich Daniela Knüppel so aufgestellt, dass genügend Aufträge reinkommen – und so die Zukunft des Betriebs gesichert. Sie hat die Kundschaft vom letzten Herrenschneider Schleswig-Holsteins übernommen, entwirft und fertigt individuelle Brautkleider, näht auch mal ein Couture-Kleid oder schneidert Mittelalter– sowie Fantasy-Kostüme. „Diese Vielfalt liebe ich über alles und macht meinen Job zum schönsten der Welt.“ Da wird aus den guten Tischdecken der Großmutter schon mal ein Traumhochzeitskleid genäht oder ein Kostüm für einen Hamburger Starwars-Fan designt, welches sogar von den Disney-Studios höchst persönlich abgenommen werden musste. Auch Kleidung für körperlich behinderte Menschen zu fertigen, gehört zu ihrem Tagesgeschäft.
Diese große Vielfalt und die Liebe zu Stoffen und Mode gibt Daniela Knüppel an ihre Auszubildenen weiter. „Meine Mutter hat schon viel genäht und mit zehn hatte ich meine erste eigene Nähmaschine“, erzählt die 21-jährige Auszubildende Emma. Sie möchte durch ihre Arbeit Teil der Slow-Fashion-Bewegung sein und auf nachhaltige Mode setzen. Auch die 18-jährige Mailin hat sich für den Beruf entschieden. Sie ist erst seit einigen Monaten dabei, weiß aber schon jetzt: „Ich finde es faszinierend, was Kleidung schaffen kann. Sie ist Ausdruck der individuellen Persönlichkeit.“
Für die 27-jährige Imke ist der zukünftige Weg nach der abgeschlossenen Ausbildung schon klar. Sie möchte Gewandmeisterin werden und später einmal aufwendige Kostüme fertigen. Ob bei Jil Sander in Hamburg, Unterwäsche für die SM-Szene oder als Schneiderin am britischen Königshaus: „Für mich ist es unglaublich spannend zu sehen, wo meine Lehrlinge später arbeiten und es zeigt einmal mehr: Unser Handwerk hat Zukunft.“
Modewerkstatt Knüppel
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Toller Bericht – informativ und unterhaltsam – von Anfang bis Ende mit Freude gelesen!
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