Person mit Brille und kurzen Haaren sitzt lächeln am Webstuhl

Fotos: Ute Mans (3)

Welche alten Berufe kennst du? – Wie sieht es mit Neuen aus? Unsere Autorin Jana Walther schaut sich in diesem Jahr die Arbeitswelt der Vergangenheit und Zukunft genauer an. In ihrer ersten Kolumne nimmt sich dich mit zu einer Vollblut-Handweberin:

Wenn sich Antje Vajen an ihren Webstuhl im schleswig-holsteinischen Barmstedt setzt, taucht sie ab in eine andere Welt. In eine Welt, die sie schon im Alter von nur 13 Jahren für sich entdeckt hat. In eine Welt, in der eine ganz besondere Wertschätzung für Wolle, Garne und handgefertigte Textilien herrscht. Antje Vajen ist Handwebmeistern und eine der letzten ihrer Art. Sie hält das traditionelle Handwerk aufrecht und hat es sogar zu ihrem Hauptberuf gemacht.  

Vom Hobby zum Beruf

Aber wie kommt man überhaupt dazu, Handweberin zu werden und ist es überhaupt möglich, damit heute noch ausreichend Geld zu verdienen, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren? Um diese Fragen beantworten zu können, spulen wir erst einmal ein paar Jahrzehnte zurück – genauer gesagt ins Jahr 1968

Antje Vajens Familie zog es beruflich von Hamburg aus ins westliche Ruhrgebiet, genauer gesagt nach Moers am Niederrhein. Welch ein Glück für die heute 55-Jährige, denn die örtliche Volkshochschule hatte ein unglaublich breites Kurs-Angebot. In dem Programmheft stieß sie als junges Mädchen auf einen Spinn-Kursus, für den sie sich prompt anmeldete. Auf das Fertigen von Garnen folgte der erste Web-Kursus und es war um Antje geschehen. „Ich hatte schon immer eine Affinität zu Textilem. Bewusst wahrzunehmen, wie sich Dinge anfühlen, begeistert mich. Als Kind habe ich schon aus meinen Socken Puppen geknotet – eine Berufslaufbahn in der Textilbranche war wohl vorprogrammiert“, erzählt sie lachend.  

Dass es tatsächlich eine Berufsfachschule für Handweber in Siegen gab, habe sie damals schon erstaunt. „Ich dachte bis dahin, Weben sei nur ein Hobby und wusste nicht, dass man das Handwerk offiziell als Beruf erlernen kann“, erinnert sie sich. Ihr war sofort klar: Es geht an die Berufsfachschule und sie wird Handweberin. Der Moment, in dem sie das erste Mal die lichtdurchflutete Werkstatt mit den 20 imposanten Webstühlen betrat, ist ihr auch heute noch in Erinnerung.

Zeiten im Wandel

Es folgten Gesellenjahre in einer Weberei in der Lüneburger Heide, die ausschließlich Tischwäsche für die Aussteuer webten. Sie arbeitete in einem Kloster, wo Antje Bildgewebe für die Kirche fertigte und schließlich ging sie an die Meisterschule. Einige Jahre arbeitete sie später nahe München und webte hauptsächlich Bekleidungsstoffe für Trachtenvereine. Doch die Zeiten als Weberin wurden zunehmend schwieriger. Die Menschen kauften fast ausschließlich industriell gefertigte Stoffe. „Ich bin nebenher Putzen gegangen und dann dachte ich mir: Wenn ich damit so viel leichter Geld verdienen kann, lerne ich noch Hauswirtschaft – und arbeite Vollzeit in diesem Beruf.“

Es zog sie wieder in den Norden. Hier standen ihre beiden Webstühle gut 20 Jahre in ihrem heimischen Wohnzimmer, gewebt hat sie nur noch für sich privat. „Ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann noch mal wieder von der Weberei leben könnte“, sagt sie. Doch Antje Vajen hat es geschafft. Die Einstellung der Menschen zu Produkten und somit auch für Textilien hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Handgefertigtes wird wieder wertgeschätzt, ein gutes Gewissen beim Kauf ist den Menschen wichtig. Wissen, wo es herkommt: Dieses Credo gilt eben nicht nur für Lebensmittel, sondern auch für Stoffe. 

Auf Kunsthandwerkermärkte verkauft Antje Vajen heute ihre Kissen und Decken aus deutscher Merinowolle. Auf Bestellung fertigt sie individuelle Decken und wagt sich auf Wunsch auch mal an die derbe Wolle der Föhrer Deichschafe. Doch auch wenn die Wertschätzung für Stoffe und Handgefertigtes wieder da ist: Leben könnte sie allein von dem Verkauf ihrer Kissen und Decken nicht. Deshalb gibt Antje Vajen ihre Leidenschaft für die Weberei weiter – in Workshops vor Ort in ihrer Weberei oder auch in Online-Kursen.

Heller Raum mit Holzfußboden und verschiedenen Webstühlen

Wissen weitergeben

Das Unterrichten mache ihr mindestens genauso viel Spaß wie das Weben selbst. Sie hat sogar einen eigenen YouTube-Channel und einen Podcast. „Das Wissen um diese fast vergessene Handwerkskunst weiterzugeben erfüllt mich ungemein. Es gibt mir außerdem ein gutes Gefühl zu wissen, dass da draußen noch mehr Menschen sind, die das Handwerk bewahren“, sagt sie.   

Die Meisterschule in Sindelfingen gibt es inzwischen nicht mehr. Die Handwerkskammer Niedersachsen ist deutschlandweit die Einzige, die noch die Gesellenprüfung abnehme. Schon lange ist die Handweberei keine geschützte Handwerksrolle mehr. Seit 2022 gilt sie allerdings als immaterielles Kulturerbe in Deutschland. Oft werde Antje gefragt, ob sie vielleicht Tipps geben könne, wie man von der Weberei leben kann. Ihre Antwort: „Vom Weben alleine, kann man nicht leben. Da braucht es ein zweites Standbein wie zum Beispiel das Unterrichten oder halt einen Nebenjob.“ 

Rabattaktion bis Ostern

Antje zeigt euch per Video ihre Produkte im Laden (Decken, Kissen und Tücher), erklärt das Material und gewährt euch bis Ostern 2024 einen Rabatt von 10 % mit entsprechenden Code* auf ihr Sortiment.

*Der Rabattcode Klönstedt10 gilt auf ihre vorrätigen Produkte im Laden (nicht für Aufträge). Er kann vor Ort eingelöst werden oder über direkten Kontakt mit Antje, dann verschickt sie die Produkte auch gerne.

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