Bei ihrem Besuch auf Föhr hat unsere Autorin Jana Walther nicht nur Halt im Museum Kunst der Westküste gemacht. Sie hat sich auch mit zwei Insulanerinnen getroffen, die ihr von ihrem Alltag auf der schleswig-holsteinischen Insel berichtet haben. Im Zweiten Teil erzählt die gebürtige Föhrerin Saskia, weshalb sie nirgendwo anders leben möchte.

Die unglaubliche Weite der Natur und gleichzeitig diese intensive Nähe zu den Menschen: Beides mache das Leben auf Föhr für die 27-jährige Saskia Weber aus. Wenn sie mit ihrem Hund den breiten Sandstrand in Nieblum entlangläuft, ist es ein Gefühl von absoluter Ruhe und Freiheit. Wenn sie wiederum ein Straßenfest besucht und an jeder Ecke Freunde und Bekannte trifft, ist es ein Gefühl von enger Verbundenheit.

Saskia ist auf der Nordseeinsel zur Welt gekommen (inzwischen sind Geburten auf Föhr nicht mehr möglich). Ihre ganze Familie lebt auf der Insel, Föhr ist ihr zu Hause. Dies sei für sie ein Privileg, sie wisse das sehr zu schätzen. „So behütet und geborgen in solch einer Umgebung groß zu werden, ist einmalig. Du kannst überall hingehen und fühlst dich sicher. Du wächst in einer ganz besonderen Gemeinschaft auf – und hast die wunderschöne Landschaft direkt vor der Haustür.“

Der Reiz des Friesischen

Die junge Föhrerin ist in Utersum groß geworden, ganz im Westen der Insel. Für manche sei das absolutes Dorf. Man mag es kaum glauben, aber auf der Insel gebe es tatsächlich ein Stadt-Land-Gefälle, erzählt sie. Auf dem Land spreche man zum Beispiel Friesisch – die traditionelle Sprache der Insel. In Wyk wachsen die Kinder dagegen größtenteils Hochdeutsch auf.

Person läuft auf Steg durch eine Dünenlandschaft der Insel Föhr
Fotos: Jana Walther (3)

Saskia ist sogar zweisprachig groß geworden. „Mein Vater hat mit mir Fering – also das Föhrer Friesisch – gesprochen und meine Mutter Hochdeutsch.“ Viele Insulaner lernen Hochdeutsch erst richtig im Kindergarten. Untereinander sprechen die Föhrer vom Land auch heute noch Fering. Die Sprache bedeutet für Saskia absolute Identität. Deshalb hat sie auch ihr Freiwilliges Soziales Jahr beim Friesischen Radiosender – dem Friisk Funk – sowie im Friesenmuseum absolviert. Doch nach Flötenverein, Kindertrachtengruppe und der Arbeit in der Fering Stiftung wollte sie auch einmal runter von der Insel. Also ging es zum Studieren aufs Festland nach Kiel. „Ich musste für mich herausfinden, ob ich für immer auf Föhr bleiben möchte oder ob es da etwas anderes für mich gibt.“ Sie entschied sich für das Studium der Skandinavistik und Friesisch.

„Ich wollte mehr über meine Muttersprache wissen. Kaum jemand kann Friesisch schreiben, keiner weiß genau, wo es eigentlich herkommt. Das hat mich daran unglaublich gereizt.“

Rückkehr auf die Insel

Durch das Friesisch-Studium blieb die Verbindung nach Föhr – und da nur eine Handvoll Studierende sich für dieses Fach entschieden, war es fast wie auf einer kleinen Insel. „Gefehlt haben mir trotzdem manchmal die Ruhe und die Weite. Ich habe direkt am Westring gewohnt. Das war schon eine Umstellung.“ Auch kamen keine Nachbarn spontan auf einen Manhattan – dem Föhrer Nationalgetränk – zu Besuch. „Mir war klar, ich möchte wieder zurück.“

Gemeinsam mit ihrem Mann Robert hat sie vor zwei Jahren die Ferienvermietung von ihren Schwiegereltern übernommen und betreut heute mehr als 100 Unterkünfte auf der Insel. Sie könne es verstehen, dass es einigen Insulanern mal zu viel werde mit den Urlaubern, der Sommer sei nun mal eine stressige Zeit. „Aber wir leben alle von den Urlaubern, egal ob Hotelbesitzer, Gastronomen, Ladeninhaber oder Handwerker. Föhr braucht die Touristen. Mir macht die Arbeit unglaublich viel Spaß.“

Trotzdem genieße sie die Zeit, wenn es im November wieder ruhiger auf der Insel wird. Dann habe sie Raum für all die Dinge, zu denen sie in der Saison nicht gekommen ist. Freunde besuchen zum Beispiel. Alle zwei Monate fahre sie aufs Festland, im Winter dann häufiger. Die Besuche seien dann meist viel intensiver. Denn man treffe sich eben ganz bewusst, nehme sich Zeit und nicht ab und zu mal schnell auf einen Kaffee zwischendurch.

Person in Kleid und Jeansjacke läuft über einen Strand der Nordseeinsel Föhr.

Ein bewussteres Leben

Bewusster seien nicht nur die persönlichen Treffen, sondern auch der Konsum. Schließlich ist auf Föhr nicht alles immer sofort verfügbar. „Ich versuche eigentlich so oft wie möglich, lokale Anbieter zu unterstützen. Wir haben hier wirklich so tolle Läden auf der Insel“, schwärmt Saskia. Wenn sie dann zum Beispiel eine neue Jeans braucht, geht sie eben in den einen Laden, in dem sie eine findet, und kauft auch nur das, was sie benötigt. Wäre sie in einem großen Einkaufszentrum unterwegs, würde vermutlich das ein oder andere Teil mehr mitkommen, welches sie gar nicht kaufen wollte. Sollte sie doch mal etwas bestellen müssen, brauche es nach Föhr auch nicht viel länger als anderswo, sagt sie.

Begrenzt sei natürlich ebenfalls das Freizeitangebot. Das verbuche Saskia aber eher als Pluspunkt. „Klar, manchmal vermisse ich die Vielfalt der Cafés in Kiel. Aber ich erinnere mich auch, dass es mich ganz schön gestresst hat, dass jedes Wochenende überall was los war und ich mich gar nicht entscheiden konnte, wo ich hingehen soll. Auf Föhr verspüre ich diesen Druck nicht und man geht einfach viel öfter raus in die Natur. Das genieße ich sehr.“

Wohnungs- und Personalnot

So schön das Inselleben auch für sie sei, Probleme gebe es natürlich trotzdem. Besonders beschäftige sie die Wohnungs- und Personalnot. Wohnraum sei eben nur begrenzt verfügbar – und werde auch immer teurer. „Wir spüren das natürlich enorm, denn wir brauchen Unterkünfte für unsere Mitarbeitenden. Die kommen gar nicht erst auf die Insel, wenn wir ihnen dabei nicht helfen können. Das ist für alle ein großes Thema.“

Trotz solcher Hürden möchte Saskia nicht mehr weg. Gerade baut sie zusammen mit ihrem Mann ihr eigenes Zuhause. Auch, wenn man die Insellandschaft tagtäglich vor der Tür hat, könne sie sie immer noch genießen und wertschätzen. Häufig ziehe es das junge Ehepaar zum Sonnenuntergang an den Südstrand. „Wenn wir dort sitzen, ist es jedes Mal wieder etwas ganz Besonderes und wir fragen uns selbst: Wo leben wir hier eigentlich? Was haben wir doch für ein Glück!“

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