Kategorien: Erleben & aktiv sein - Politik & Gesellschaft
Gastwirt Kristian Harms sinniert im aktuellen Beitrag über die Übernahme eines Landgasthofes. Heutzutage ist das kein einfaches Unterfangen. Irgendwie geht doch immer alles gut und die Wertschätzung der Gäste ist der Lohn.
Text: Kristian Harms
Achtung. Das wird kein romantischer Artikel, mit verklärtem Blick auf die ursprünglichen Landgasthöfe. Es tut uns leid, euch da enttäuschen zu müssen.
Fragen über Fragen
Willst du das wirklich machen? Bist du dir ganz sicher? Wie bitte soll das funktionieren? Wollt ihr was ändern? Bekommt ihr euren Vater ersetzt? Wie erhaltet ihr den Charakter vom Dorfkrug? Und zu guter Letzt – wie wollt ihr das bezahlen und euch finanzieren?
All das sind Fragen die uns im Dorfkrug Harms seit mehreren Jahren beschäftigen. Bereits vor mehr als 10 Jahren stand in einer gewissen Form fest, dass wir, meine Geschwister und ich, das Restaurant meiner Eltern übernehmen (sollen) würden.
Meine Schwester als gelernte Hotelfachfrau und mein Bruder als gelernter Koch schienen die ideale Besetzung zu sein. Ich, als gelernter Tischler, mit einer, sagen wir eher unkonventionellen Sicht auf einige gesellschaftliche Themen, war es dann doch eher weniger und tat mich schwer mit der Entscheidung. Vielleicht tue ich dies auch immer noch.
Es ist eigentlich, so ganz rational betrachtet, der pure Wahnsinn, in der aktuellen Situation, sei es aus volks- und betriebswirtschaftlicher Sicht, oder aber auch auf Grund der aktuellen Personalsituation in der Gastronomie, einen Dorfkrug zu übernehmen.
Status quo
Die Energiekosten sind für uns exorbitant gestiegen, ebenso die Einkaufspreise. Es ist absolut kein Personal zu bekommen. Niemand will mehr in der Gastro arbeiten. Wenige möchten weit über 20 € für eine Hauptgericht zahlen und doch wollen alle Essen gehen. Ein Balanceakt der sich schwer beschreiten lässt.
Ständig achtet man auf die Zahlen und weiß doch längst, dass es sich eigentlich nicht rechnet, so wie es läuft. Doch die zündende Idee, wie es wieder zu dauerhaft schwarzen Zahlen kommen kann, fehlt. Der Steuerberater schüttelt eh schon seit Jahren immer nur den Kopf, verwundert darüber, wie das alles irgendwie immer gut geht.
Was genau fehlt, weiß keener so genau. Vielleicht ist es auch nur der Mut?!
Denn Mut gehört dazu. Und zwar eine ganze Menge davon. Wir treten in ENORM große Fußstapfen die unsere Eltern und Großeltern geschaffen haben und wissen gar nicht so recht wie wir diese ausfüllen sollen und können. Vielleicht möchten wir, insgeheim, auch eigene schaffen…
„Wir treten in ENORM große Fußstapfen die unsere Eltern und Großeltern geschaffen haben und wissen gar nicht so recht wie wir diese ausfüllen sollen und können. Vielleicht möchten wir, insgeheim, auch eigene schaffen…“
Es ist verdammt schwer so eine Übergabe einigermaßen geordnet und sicher ablaufen zu lassen. Wie teilt man einen Betrieb auf drei Familien auf, ohne jemanden zu benachteiligen? Wie trennt man private und wirtschaftlich genutzte Teile eines Hauses auf? Irgendwie war hier wohnen, arbeiten und leben immer eins. Aber ist das in einer Zeit, in der immer irgendeine Krise zum Programm gehören zu scheint noch der richtige Weg? Denn ist der Betrieb nicht sauber auf verschiedene Gesellschaften aufgeteilt, ist bei einer Insolvenz womöglich auf einmal alles weg.
Verpflichtung und Wertschätzung
Die emotionale Verpflichtung ist wohl der größte Antreiber bei der Übernahme. Und dass es ja eigentlich auch ganz bequem ist, sich keinen neuen Job suchen zu müssen. Dieses Lokal ist einfach schon seit über 60 Jahren in Familienbesitz, Gastronomie gibt es an dieser Stelle seit bald 200 Jahren. Das ist verdammt lange. Und wir sind nun irgendwie in die Verantwortung gerutscht, das ganze Ding nicht gegen die Wand fahren zu lassen. Wie man richtig steuert wissen wir aber auch nicht so richtig…
Ich glaube, der Irrsinn einen Landgasthof zu übernehmen, wird bei uns aktuell von der Anerkennung der Gäste überstrahlt und wir gucken durch eine schön getönte Brille. Wir kriegen einfach unglaublich viel positives Feedback für unsere Arbeit. Gerade die persönliche Note gefällt unseren Gästen. Wir kriegen gesagt, dass es einfach schön sei, auch mal mit nur drei Leuten bis morgens um vier am Tresen sitzen zu können, ohne dass der Wirt drängelt nach Hause zu gehen. Es sei nett, auch außerhalb der Öffnungszeiten mal auf einen Kaffee vorbeikommen zu können.
„Wie, das super wichtige Fußballspiel findet an unserem Ruhetag statt? Dann komm doch einfach trotzdem rum!“ Die Tür ist eh selten abgeschlossen. Hoffentlich bleibt dies so, sodass wir auch bleiben können….
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