Foto: ekH Deutschland (1)

Das norddeutsche Ehrenamt ist so vielfältig und findet manchmal so selbstverständlich statt, dass man zuweilen gar nicht bemerkt, wieviel eigentlich ehrenamtlich in unserer Gesellschaft geleistet wird. So ging es auch unserer Autorin Lisa, als sie von der Arbeit der Grünen Damen und Herren hörte, bei der sich seit knapp zwei Jahren auch ihre Mutter engagiert. Höchste Zeit also, dir dieses Ehrenamt nun einmal vorzustellen! Dafür hat Lisa sich mit den „Grünen Damen“ Maren Martens und ihrer Mutter Angela Matthiesen getroffen und sich mehr von ihrer Arbeit erzählen lassen.

Wenn wir als Patientin oder Patient ins Krankenhaus kommen, dann sind wir auf Hilfe angewiesen. In erster Linie natürlich auf die medizinische Versorgung des Fachpersonals, doch gerade in dem vulnerablen Zustand in dem wir uns im Krankenhaus befinden, freuen wir uns auch mal über emotionalen Support. Ärztinnen, Ärzte und das Pflegepersonal tun selbstverständlich alles, um uns vor Ort bestmöglich zu behandeln und zu betreuen, doch neben den medizinisch notwendigen Versorgungen, haben sie zumeist schlicht nicht die Kapazitäten, sich auch noch um kleinere Bedürfnisse der Patient:innen zu kümmern, so gern sie es auch würden.

Zeit für Gespräche

Wer Familie oder Freunde in der Nähe hat, kann also froh sein, wenn diese sich um solche Wünsche kümmern, wie mal eben die Lieblingszeitschrift oder eine kalte Limo vom Kiosk holen, kurz mal mit einem vor die Tür gehen und frische Luft schnappen oder auch einfach da sein, zuhören, trösten. Doch selbst unsere Angehörigen können nicht ständig im Krankenhaus bei uns sein und manche Patient:innen haben vielleicht auch gar niemanden. Genau hier greift das Ehrenamt der sogenannten Grünen Damen und Herren. Diese Ehrenamtlichen sind u. a. in Krankenhäusern aber auch Pflegeheimen auf verschiedenen Stationen unterwegs, um die Patientinnen und Patienten bei nicht-medizinischen Bedürfnissen zu unterstützen. Sie nehmen sich Zeit für Gespräche oder Spaziergänge, begleiten sie zu Untersuchungen, lesen Briefe oder Zeitungen vor und machen kleinere Besorgungen. Vielleicht hast du bei einem Krankenhaus-Aufenthalt auch schon einmal ihre Hilfe angenommen, ohne, dass du es wusstest?

Eine stetige Horizonterweiterung

Maren Martens ist seit 10 Jahren bei den Grünen Damen und Herren dabei. Sie engagiert sich mit ihrer Arbeit im Klinikum Itzehoe in Schleswig-Holstein und leitet dort gemeinsam mit der Klinikseelsorgerin Mona Rieg mittlerweile die Gruppe der 27 ehrenamtlichen Grünen Damen und Herren. Die frühere Lehrerin schwärmt von ihrem Ehrenamt: „Für mich ist diese Arbeit wahnsinnig inspirierend und auch faszinierend“, sagt sie. „Man hat ständig mit neuen Leuten zu tun und erfährt durch die Gespräche mit Patientinnen und Patienten natürlich meistens sehr persönliche Dinge. Das kann auch mal belastend sein. Gleichzeitig lernt man bei jedem Einsatz dazu – es ist eine stetige Horizonterweiterung!“ Die Beweggründe für Maren Martens überhaupt dieses Ehrenamt anzufangen, waren persönliche. Als ihre Mutter im Krankenhaus behandelt wurde und sie sie regelmäßig besuchen kam, merkte sie, dass auch die anderen Patientinnen im Zimmer sich sehr über ihre Zuwendung freuten. So entschloss sie sich damals zu ihrer ehrenamtlichen Arbeit in Itzehoe.

Offene Haltung fremden Menschen gegenüber

Medizinische Kenntnisse braucht man hier übrigens nicht. „Es sind eher persönliche Voraussetzungen, die man mitbringen sollte. Ein generelles Interesse an anderen Menschen sollte schon vorhanden sein,“, sagt Maren Martens. „Eine gute Kommunikationsfähigkeit ist natürlich von Vorteil und einfach eine offene Haltung fremden Menschen gegenüber. Das ist essentiell für dieses Ehrenamt“, fügt sie hinzu. Alles andere erlerne man dann vor Ort. Wer sich für das Ehrenamt interessiert und sich engagieren möchte, wird zunächst zu einem Gespräch eingeladen. Hier lernt man sich kennen und schaut, ob es mit dieser ehrenamtlichen Arbeit passen könnte. Außerdem vermittelt Maren Martens alle relevanten Informationen. Wenn alles passt, geht es mit dem Dienst schnellstmöglich los. Zu Anfang laufen die neuen Ehrenamtlichen einfach bei Maren Martens mit und begleiten sie bei ihrem Dienst. Sie können sich hier abgucken, wie man die Patient:innen ansprechen kann, wie man mit ihnen umgeht und auch, welche ganz unterschiedlichen Bedürfnisse sie haben und somit, wie vielseitig die Aufgaben der Grünen Damen und Herren sind. Nach circa drei Mitläufen übergibt Maren Martens dann an eine oder einen ihrer erfahrenen Kolleg:innen. Auch hier können „die Neuen“ sich noch im Hintergrund halten, können und sollen aber natürlich auch mit ihren Kolleginnen und Kollegen schon gemeinsam Aufgaben übernehmen. „Doch erst, wenn man sich wirklich sicher fühlt, sollte man auch alleine losgehen“, rät Maren Martens.

Angela Matthiesen (2. v. re.) mit Kolleginnen.

Respekt vor Begegnungen

Zur Einarbeitung zählt auch, dass die Ehrenamtlichen frei wählen können, auf welchen Stationen im Krankenhaus sie ihren freiwilligen Dienst ausüben möchten. Es gibt schließlich Stationen, auf denen man auf teils sehr dramatische und traurige Schicksale trifft, wie beispielsweise in der Onkologie (hier werden insbesondere an Krebs Erkrankte behandelt). So ging es auch Angela Matthiesen, die seit Januar 2023 bei den Grünen Damen und Herren im Klinikum Itzehoe aktiv ist. „Ich muss gestehen, bei manchen Stationen im Krankenhaus hatte ich schon Respekt vor den Begegnungen. Man weiß ja nicht, was einen erwartet und wie sehr einen das vielleicht mitnimmt. Was entgegnest du jemandem, der vielleicht keine Chance auf Heilung hat? Hier habe ich gemerkt, dass ich noch nicht so weit bin,“ erinnert sich Angela an ihre Anfangszeit. Sie habe dann erstmal auf anderen Stationen wie der Geriatrie begonnen, bis sich ein gewohnterer Umgang mit den Patient:innen und ihren Schicksalen einstellte

Heute bewegt sie sich sicher auf den verschiedenen Stationen und fühlt sich sehr wohl bei ihrer Arbeit: „Ich freue mich jedes Mal auf meinen Einsatztag. Auf die Gespräche mit unterschiedlichen Menschen aber auch auf mein Team. Es ist ein sehr fröhliches und wertschätzendes Miteinander – sowohl mit den Patientinnen und Patienten, als auch mit meinen Kolleginnen und Kollegen und dem Pflegepersonal“, so Angela Matthiesen.
Auch sie habe neben vielen spaßigen auch mittlerweile schon sehr emotionale Momente mit den Patient:innen gehabt. Das sei nicht einfach, sagt Angela, aber sie habe auch gelernt: „Viele Erkrankte erwarten gar nicht, dass man irgendetwas zu ihrer Geschichte sagt. Es tut ihnen einfach gut, sich mal auszureden und jemanden zu haben, der einfach zuhört – ohne Wertung, sondern einfach nur da ist.“

 

Angela Matthiesen (re.) mit Kolleginnen.

Empathie ist wichtig

Gerade weil die Arbeit der Grünen Damen und Herren in den Kliniken oft emotional herausfordernd ist, sollten die Ehrenamtlichen ein entscheidendes Learning aus ihrer Arbeit mitnehmen: „Empathie ist wichtig“, sagt Maren Martens, „aber man muss auch zwingend lernen, sich abzugrenzen. Und das lernen wir gemeinsam. Das heißt nicht, dass man abstumpft, das wäre falsch, aber alles mit nach Hause zu nehmen ist auch nicht richtig.“
Daher sei auch der Austausch so wichtig, weiß Maren Martens. Und der wird unter den Ehrenamtlichen auch gepflegt. So treffen sich die Ehrenamtlichen nach der ersten Runde auf Station immer zu einem gemeinsamen Frühstück. Hier ist Zeit und Raum, um Erfahrungen zu besprechen, Fragen zu stellen und sich gegenseitig zu stärken. Auch viel Schönes wird hier berichtet, z. B. wenn eine Patientin, die man regelmäßig betreut hat, nach langer Zeit entlassen werden konnte oder ein Patient sich besonders dankbar gezeigt hat

Außerdem organisiert Maren Martens einmal im Monat ein Gruppentreffen bei dem sich ausgetauscht und neueste Infos und Entwicklungen zur Arbeit besprochen werden. Nebst Möglichkeiten zum Austausch finden für die Grünen Damen und Herren außerdem regelmäßige Schulungen und Fortbildungen statt. Das ist mal ein Vortrag einer Ärztin oder eines Therapeuten, ein Kommunikationstraining oder auch mal eine Führung durch spezielle Bereiche des Krankenhauses wie Küche oder Lager, welches die Ehrenamtlichen noch nicht kennen.
Wer von den Grünen Damen und Herren zusätzlichen Redebedarf hat, um beispielsweise eine belastende Erfahrung mit den Erkrankten zu verarbeiten, für den hat außerdem die Krankenhauspastorin im Klinikum Itzehoe stets ein offenes Ohr.

Man wächst über sich hinaus

„Das Schöne und gleichzeitig Herausfordernde an unserer Arbeit ist ja, dass man nie so recht weiß, was einen am jeweiligen Tag erwartet. Du klopfst an die Tür eines Krankenzimmers und dahinter kann alles sein: Verschiedenste Krankheitsbilder und Schicksale, sehr junge und sehr alte Patienten, Dankbare oder Mürrische, sehr Hilfsbedürftige genauso wie welche, die einfach ihre Ruhe wollen“, erzählt Maren. Auch hier lautet das Stichwort „Learning by Doing“. „Man lernt mit der Zeit, mit den unterschiedlichsten Situationen umzugehen – das hilft übrigens auch sehr für den persönlichen Alltag“, so Maren Martens. Sie hat durch ihre ehrenamtliche Arbeit eine Erfahrung gemacht, die sie mit vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen teilt: „Man wächst hier einfach – selbst im fortgeschrittenen Alter – nochmal über sich hinaus. Man findet mehr Zugang zu und Umgang mit seinen Emotionen, man lernt offener und toleranter zu sein, dankbarer und wertschätzender seinem und anderen Leben gegenüber.“

Poster: ekH Deutschland

Nächstenliebe kommt im grünen Kittel

Das bestätigt auch Angela Matthiesen: „Die mitunter schweren Schicksale, die man hier mitbekommt, erden einen unglaublich. Die Art und Weise wie Erkrankte hier teilweise mit ihrer Situation umgehen, lässt einen selber für sein Leben viel demütiger und auch dankbarer werden und außerdem entspannter in Alltagssituationen, in denen man sich für gewöhnlich ärgern würde.“ Und neben den manchmal eben doch emotional belastenden Situationen, sei wichtig zu erwähnen, dass die hohe Dankbarkeit und Wertschätzung der Patientinnen und Patienten, sowie die fröhlichen Begegnungen deutlich überwiegen.

Ein Ehrenamt also, was nicht nur für die Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, sondern auch für die Ehrenamtlichen selbst super wertvoll ist. Denn anderen Gutes tun, tut auch einem selbst gut! Grüße an das Karma-Konto! Da bleibt am Ende nur eine Frage offen: Wieso eigentlich „Grüne“ Damen und Herren?
Und die ist tatsächlich ganz simpel zu beantworten: Die Ehrenamtlichen tragen nämlich während ihrer Arbeit hellgrüne Oberbekleidung! Ganz nach ihrem Motto: Nächstenliebe kommt im grünen Kittel!

Du hast Interesse?

Du bist interessiert und möchtest dich ebenfalls bei den Grünen Damen und Herren engagieren? Toll, denn dieses Ehrenamt freut sich stetig über Zuwachs.

Hier findest du alle Fakten im Überblick:

  • Wo kann ich mich engagieren?

Die Grünen Damen und Herren werden organisiert über den Evangelische Kranken- und Alten-Hilfe e.V. (kurz eKH), ein Verein, der bundesweit tätig ist. Somit kannst du auch in einer Einrichtung in deiner Nähe aktiv werden. Alle Infos dazu findest du auf der Seite des eKH.

  • Gibt es ein Mindestalter für das Engagement als Grüne Dame oder grüner Herr?

Engagieren kann man sich ab 18 und bis ca. 80 Jahre. Viele der Ehrenamtlichen sind im Pensionsalter, man freut sich hier aber insbesondere auch über jungen Zuwachs.

  • Welche Voraussetzungen brauche ich?

Ein generelles Interesse an Mitmenschen, eine gute Kommunikationsfähigkeit und eine offene Haltung. Außerdem verpflichtet man sich selbstverständlich zur Verschwiegenheit.

  • Wie sind die Einsatzzeiten?

Der Dienst findet in der Regel vormittags von 9 – 12 Uhr statt. Man sollte sich nach Möglichkeit einen festen Vormittag in der Woche dazu einrichten. Urlaubs- und Auszeiten können natürlich jederzeit genommen werden.

Du hast aktuell nicht die Möglichkeiten, dich mit Arbeit zu engagieren, möchtest die Grünen Damen und Herren aber trotzdem unterstützen? Dann kannst du hier spenden! Deine Spende fließt in die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten der Ehrenamtlichen, sowie in die Verwaltungsaufgaben des Trägers eKH.

Wir danken Maren Martens und Angela Matthiesen für das Gespräch.

Kleiderkammer
Die Grünen Damen und Herren im Klinikum Itzehoe verwalten übrigens auch die dortige Kleiderkammer. Hier können sich Patientinnen und Patienten mit Kleidung eindecken, wenn ihre z. B. bei einem Unfall verunreinigt oder aufgrund der Notfallbehandlung beschädigt wurde. Die Kleiderkammer freut sich immer über Spenden aussortierter Kleidung!
Einfach im Klinikum abgeben oder vorher anmelden: 04821 – 772 3988

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