Die Sommer-Urlaubszeit geht jetzt so richtig los. Unsere Kolumnistin Jana fragt sich, wie man neue Länder erkunden und gleichzeitig an die Umwelt denken kann. Ist das möglich? Oder hat das Umweltbewusstsein im Urlaub auch frei?

Die Grenzen sind schon lange wieder geöffnet, Reisebeschränkungen gibt es kaum noch und die Sommerferien stehen bereits in den Startlöchern. Endlich wieder in den Urlaub fahren! Das haben wir uns alle doch irgendwie auch verdient. Lange haben wir darauf verzichten müssen und der ein oder andere Hotelgutschein schlummert noch in der Schublade. Doch in den Ferien plötzlich alle grünen Vorsätze über den Haufen werfen? Frei nach dem Motto: Umweltfreundlich sein – na klar! Aber im Urlaub hat auch mein Umweltbewusstsein mal frei?

Reisen können zum Umweltschutz beitragen

Einmal vorweg: Ich möchte hier niemandem den Urlaub vermiesen oder das Reisen generell schlecht reden. Schließlich freue ich mich selbst schon wahnsinnig darauf, im September endlich nach Italien zu entschwinden. Und außerdem: Reisen trägt in gewisser Weise sogar zum Umweltschutz bei. Richtig gelesen! Denn würde wir alle nur noch zu Hause hocken, könnte dies sogar Nachteile für unsere Umwelt haben. Das hat die Corona-Pandemie gezeigt, wie der Naturfilmer und Wissenschaftsjournalist Dirk Steffens gerade in seinem Videostatement auf Instagram erklärt. „Nationalparks und indigene Gemeinschaften stehen ohne Geld da, weltweit jeder fünfte Ranger ohne Job“. Pauschales Reisebashing führt also zu nichts.

Eine Fernreise sollte wohl überlegt sein

Dennoch sind wir uns alle darüber im Klaren, dass eine 8000 Kilometer lange Flugreise auf die ohnehin schon übermüllten und überfüllten Malediven alles andere als nachhaltig ist. Das Gleiche gilt für eine mehrwöchige Mega-Kreuzfahrt durch die Weltmeere oder einen Wochenend-Partytrip auf die griechische Szene-Insel Mykonos. Der größte Klimakiller beim Reisen ist und bleibt eben ganz klar der Weg dorthin. Laut Prof. Dr. Martina Shakya, Leiterin des Studiengangs Nachhaltige Tourismusentwicklung an der Hochschule Heilbronn, steuert der Tourismus rund acht Prozent zum globalen Ausstoß des klimaschädlichen CO2 bei. Knapp die Hälfte davon gehen wiederum auf das Konto der Passagierflüge. Eine Fernreise sollte daher wohl überlegt und – damit sich das Ganze auch lohnt – lang genug sein.
„Die Aufenthaltsdauer sollte immer in einem vernünftigen Verhältnis zur Flugstrecke stehen – je länger ich bleibe, desto mehr kann ich die lokale Kultur und Natur wirklich kennenlernen und genießen – und desto weniger Umweltbelastungen entstehen vor Ort durch den An- und Abreiseverkehr. Insbesondere ärmere Länder können dann auch wirtschaftlich stärker von meinem Besuch profitieren“, so die Expertin. Am klimafreundlichsten sei übrigens nicht der Zug, sondern der Fernbus.

Es muss nicht die Karibik sein

Ich persönlich bin überzeugt: Es muss nicht immer Mexico oder die Karibik sein. Schon lange habe ich Europa für mich entdeckt und so langsam weiß ich auch die Reize Deutschlands zu schätzen. Schon mal die Nationalparks Kroatien besucht oder auf den türkisblauen Flüssen Sloweniens entlanggepaddelt? Wer braucht da schon den indischen Ozean! Und warum nicht mal eine Zugreise wagen? So eine Fahrt im Royal Scotsman durch die Weiten Schottlands hat definitiv Flair! Und wer noch nie im Schwarzwald gewesen oder durch die sächsische Schweiz gewandert ist, hat was verpasst.

Fliegen mit gutem Gewissen?

Wenn es aber dann doch nicht ohne Flugzeug geht, kommt der CO2-Ausgleich ins Spiel. Die sogenannte „Flugkompensation“ ist in aller Munde, wird inzwischen sogar bei den Fluggesellschaften selbst beworben. Doch was bedeutet das eigentlich genau und kann ich so tatsächlich guten Gewissens in den Flieger steigen? Grundsätzlich geht es bei diesem freiwilligen Ausgleich darum, dass verursachte klimaschädliche Treibhausgas wieder an anderer Stelle einzusparen. Fliegst du einmal nach Malle hin und zurück, gehen auf dein Konto 700 Kilogramm CO2. Dafür werden rund 15 Euro Ausgleich fällig. Dieses Geld wiederum fließt in Klimaschutzprojekte, welche den CO2-Auststoß auf der Welt minimieren sollen. Dazu gehören zum Beispiel Initiativen zur Vernässung der Moore als CO2-Speicher oder aber die Versorgung Afrikas mit effizienteren Öfen.
„Für das ⁠Klima⁠ ist es nicht entscheidend, an welcher Stelle Treibhausgase ausgestoßen oder vermieden werden. Daher lassen sich Emissionen, die an einer Stelle verursacht wurden, auch durch eine Einsparung an einer anderen, weit entfernten Stelle ausgleichen“, heißt es auf der Webseite des Umweltbundesamts zu dem Thema. Dennoch gilt natürlich: Es ist immer besser, Emissionen zu vermeiden. Denn was gar nicht erst der Erde schadet, muss auch nicht aufwendig ausgeglichen werden.

Den Horizont erweitern

Die Technologien für klimaneutrales Fliegen gebe es laut Prof. Dr. Martina Shakya tatsächlich bereits. So wäre auch die Flugkompensation hinfällig. Doch noch sei die Nutzung leider viel zu teuer. „Bis dahin sollten wir in Anbetracht des Klimawandels maßvoller reisen, aber das bedeutet aus meiner Sicht keinesfalls Verzicht“, sagt sie. Das sehe ich genauso. Denn so ein Aufenthalt in der unbekannten Natur tut nicht nur meiner Erholung gut, sondern lässt mich auch meinen Horizont erweitern und meine Umwelt bewusster wahrnehmen. Am Ende kann so eine Reise den einen oder die andere sogar dazu bewegen, achtsamer mit unserer Erde umzugehen.

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