Endlich ist es wieder so weit: überall leuchtet es weihnachtlich – aus gegebenem Anlass weniger, als in den Jahren zuvor – in den Läden läuft die Weihnachtsplaylist rauf und runter und auf den Weihnachtsmärkten gibt es Glühwein und Kinderpunsch bis zum Abwinken. Auch die ersten Christbaumverkaufsstände haben schon geöffnet und bei Instagram hat die Challenge nach dem größten, schönsten Plastik-/Weihnachtsbaum bereits begonnen. Es ist die Zeit, die Zeit der … Traditionen?! Wirklich? Welche Traditionen geben wir denn unseren Kindern weiter und warum muss unbedingt ein Wichtel zur Weihnachtszeit bei uns auch noch einziehen?! Und wie können Team Christkind und Team Weihnachtsmann harmonisch unter einem Dach leben, wenn die Weihnachtstradition nicht unterschiedlicher sein könnte? Autorin Esther Hell unternimmt einen Feldversuch – in ihrer Familie.

Beim Gehen höre ich die Freundin meiner Tochter ihre Mutter fragen: „Mama, was ist denn ein Weihnachtswichtel?“ Meine Tochter hatte ihr zuvor ganz aufgeregt vom Einzug unseres Wichtels erzählt und, dass sie schon ganz traurig war, weil er sich in diesem Jahr einfach nicht hat blicken lassen. Erstmal … „Normalerweise kommt er immer direkt nach Totensonntag“, hat sie ihrer Freundin erklärt. Die nickt verständnisvoll bei diesem Satz, wobei ich bezweifle, dass die beiden sechsjährigen Mädels wirklich wissen, über was sie da sprechen. Zugegeben, die Sache mit dem Totensonntag ist mir als ursprüngliche Bayerin mit katholischem Hintergrund jetzt nicht ganz fremd. Und natürlich nehme ich es mit der Weihnachtsdeko da auch sehr genau und hole erst nach besagtem Sonntag alle Kisten mit Weihnachtstüdelüt vom Dachboden. Wobei Spekulatius, Dominosteine und Lebkuchen gerne auch schon ab September bei mir in den Einkaufswagen flattern. Ich finde, dieses Weihnachtsgebäck, damit kann man einfach nicht früh genug anfangen. Und selbst in Australien bin ich gefühlt zwei Stunden zum nächsten Aldi marschiert, um mir eine Packung Spekulatius für die Weihnachtszeit zu organisieren. Bei gefühlten 40 Grad im Schatten. Äh, also Weihnachtsgebäck gehört für mich definitiv auch am anderen Ende der Welt zu einem ordentlichen Weihnachten dazu.

Weihnachtswichtel mit Navigationsproblemen

Okay, aber jetzt zu unserem Wichtel. Ich weiß, dieses Wichtelding ist eine dänische Tradition, die ich mir kurz nach der Geburt unserer großen Tochter zu Eigen gemacht habe. Und eigentlich ist der Wichtel in den vergangenen Jahren immer direkt montags vor dem 1. Advent eingezogen. Nach unserem Umzug vor vier Wochen gab es in diesem Jahr dann doch Probleme mit der Adresse, denn die ist noch in keinem Navigationssystem der Welt hinterlegt und Nosse – so sein Name – musste sich erstmal im Ort bei seinen Freunden umhören, ob uns jemand kennt.

Aber warum denn ein Wichtel, fragen auch die Omas und Opas aus Nord und Süd. Ganz einfach, mein Mann ist aus dem Norden. Ich komme ursprünglich eher aus dem mittleren Teil Deutschland und da sind wir auch schon bei unserem Dilemma. Es stehen Jahr für Jahr immer Christkind und Weihnachtsmann in Konkurrenz. Und darauf hatte ich einfach keine Lust. Deshalb gibt es seit fünf Jahren unseren Wichtel mit direkter Standleitung zum Christkind und Weihnachtsmann. Nosse kann hier vermitteln und alle sind glücklich.

Weihnachtsmann vs. Christkind

Ich muss aber auch gestehen, mir war dieses Weihnachtsmannding bevor ich selbst Kinder hatte gar nicht so geläufig und erst als mein Göttergatte ständig auf seinen Rauschebart angesprochen und als Weihnachtsmann von diversen Nachbarn engagiert wurde, wurde mir so richtig bewusst, wie Weihnachten hier oben in Weihnachtsmannland gefeiert wird. Da kommt also wirklich jemand vorbei und bringt die Geschenke. Bei uns kam das Christkind, still und heimlich vorbeigeflogen, hat die Geschenke unter den Baum gelegt und ich erinnere mich an zwei Weihnachten, als meine Oma plötzlich dem Christkind helfen musste. Das fand ich total unfair, vor allem, während wir vor verschlossener Tür auf das erlösende Glöckchen warten mussten, brodelte es in meinem Kopf, wie das Christkind wohl aussehen könnte. Güldenes-blondes langes Haar, ein weißes, leuchtendes Gewand – doch meine Oma wollte nicht mit der Sprache rausrücken, wie es wirklich aussah. Das nervt mich noch heute … okay, ich steh auf Weihnachten und auf dieses besondere Knistern in der Luft.

Plätzchenbacken bis zur Eskalation

Als ich klein war, wurden bei uns zuhause nie Plätzchen gebacken. Stimmt nicht, einmal – da war ich vier oder fünf. Zur Erklärung: Meine Mutter stammt aus einem Familienbetrieb mit Bäckerei und da glühten die Backöfen schon vor dem 1. Advent und es duftete überall nach Vanillekipferl, Zimtsternen und Gewürzkuchen. Den Duft habe ich immer noch in der Nase, wenn ich dran denke, nur war ich ziemlich traurig, dass es bei uns nie sowas wie eine Plätzchenbacktradition gab. Mittlerweile kann ich auch nachvollziehen, dass meine Mutter am Ende des Tages keine Plätzchen mehr sehen konnte, aber für mich als Kind fühlte es sich doof an. Seit ich ausgezogen bin, habe ich mich jedes Jahr zum Plätzchen backen verabredet. Mittlerweile backe ich mit meinen Kindern und ich glaube, manchmal eskalier ich auch – weil für mich als Kind schon Plätzchen backen einfach dazugehörte.

Kompromissbereit ins selbstgebastelte Weihnachtsfest

Und dann gibt es ja noch die verschiedenen Traditionen beim Weihnachtsessen. Dieses Thema hat bei uns in der Familie auch schon für ziemliche Diskussionen gesorgt, denn Würstchen und Kartoffelsalat sind für mich persönlich KEIN Weihnachtsessen. Zum Glück krieg‘ ich meinen Mann und meine Mädels auch mit einer guten Gänsekeule eingefangen und Rotkohl und Klöße gehen definitiv immer.

Wir zwei – mein Mann und ich – wir basteln uns eben unser Weihnachten mit unseren verschiedenen Traditionen selbst zusammen und ich glaube, das ist für uns auch der beste Weg, damit das Christkind und der Weihnachtsmann ihre Berechtigung unterm Weihnachtsbaum haben.

Der Tag der Weihnachtswahrheit

Allerdings habe ich ein kleines bisschen Angst vor dem Tag, wenn meine große Tochter sich vor mich stellt und mir erklärt, dass sie dieses Weihnachtsding längst durchschaut hat und es doch alles so gar nicht gibt. Ich glaube, dann stirbt auch ein kleines Weihnachtshoffnungsfünkchen in mir. Auch wenn ich schon so alt bin, wie ich bin – insgeheim glaube ich immer noch ans Christkind. Zumindest ein bisschen und manchmal habe ich an Weihnachten das Gefühl, es sitzt auf der Schulter und beäugt uns, wie wir unsere Ost-West-Nord-Süd-Traditionen verschmelzen wollen.

Hier gibt’s den Beitrag noch einmal auf Platt für die Ohren:

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