Wie es sich anfühlt, nach knapp drei Monaten gemeinsam mit den Kindern vom Land zurück in die Großstadt in den ehemaligen Stadtteil und noch dazu in die alte Kita zu kehren, davon erzählt Esther Hell in ihrer neusten Kolumne. Denn so ganz ohne Annäherungsschwierigkeiten geht´s dann doch nicht.

„Kommt doch zum Winterfest, ich vermisse euch so. Vor allem aber meine große Rakete und euch als Familie!“ sprach die Stimme unserer ehemaligen Erzieherin aus dem alten Kindergarten aus dem Off. Die Sprachnachricht hörten meine Mädels und ich natürlich gemeinsam ab. Klar! Wir hatten der Erzieherin auch gerade noch im schönsten Trällermodus ein „Happy Birthday“ hingeschmettert. Die Mädels waren völlig aus dem Häuschen und mit einem „Nein, das ist mir zu stressig“ musste ich gar nicht erst ankommen. Mein Mann wurde in den Plan eingeweiht, es wurden Nachrichten an die Freunde verschickt und Verabredungen getroffen und mir wurde von beiden Ladys einvernehmlich erklärt, dass ich sie am Mittwoch bloß pünktlich und früh von der Kita abholen müsste, damit wir nicht zu spät zum Fest kämen.  

Ade Freiberufler-Mittwoch  

Da ging er dahin, mein Mittwoch. Mein heiliger „Freiberufler-Mittwoch“, den ich im Normalfall dafür nutze, mich von den drei Tagen Hamburg zu erholen und mit meiner Schreiberei und anderen Projekten auf andere Gedanken zu kommen. Genau, drei Tage die Woche bin ich sowieso schon in Hamburg und schnupper Großstadtluft. Eineinhalb Stunden hin und eineinhalb Stunden zurück und dazwischen gepackt sind noch acht Stunden Office und das drei Mal die Woche. Ich möchte jetzt kein Mitleid, aber ich für meinen Teil, hatte meine ordentliche Hamburgdosis schon hinter und noch vor mir in dieser Woche. Also, um es kurz zu machen: Ich hätte auf das Winterfest gut und gerne verzichten können. Nicht aber meine Kinder.  

Vermissung versus Nervosität 

Und weil in den letzten Wochen immer wieder Videos hin und her verschickt wurden und die Vermissung dann doch auf allen Seiten ziemlich groß ist, hab ich mich breitschlagen lassen und meinen heiligen Mittwoch an den Nagel gehängt. Die Mädels zählten die Tage. Zum Glück waren es nur drei. Und als wir endlich im Auto saßen, auf dem Weg nach Hamburg, wiederholte die Zweijährige beinahe mantramäßig den Namen ihrer Freundin. Allerdings schwang die Freude bei der Großen plötzlich in Nervosität um. Sie war sich auf einmal nicht mehr sicher, ob sich das alles gut anfühlt. „Mama, und was ist, wenn doch keiner mehr mit mir spielen möchte?“ war ihre größte Angst.  

GroßstadtLuft wird zu GroßstadtDuft

Die Parkplatzsituation war wie immer: Miserabel! Und als wir endlich einen gefunden hatten, bemerkte meine große Tochter, dass sie die Luft in der Stadt irgendwie gar nicht leiden mag.  „Mama, stinkt das immer so in der Stadt?“ Ich muss gestehen, ich war in dem Moment mit meiner kleinen Tochter auf dem Arm beschäftigt, die mit jedem Meter, den wir der Kita näher kamen, mehr in mich rein kroch und gefühlt auch schwerer wurde. Aber die Sache mit der Luft: Ich blieb kurz stehen, atmete tief ein und nickte. Es roch wirklich nach allem möglichen, vor allem aber – nach Abgasen. „Mama, ich mag die Luft auf dem Land lieber!“  

Ein bisschen wie nach Hause kommen…  

In der Kita angekommen, wurde geherzt, gedrückt und wir wurden mit Fragen bombardiert. In dem Moment merkte ich selbst, wie sehr mir die:der ein oder andere Erzieher:in gefehlt hat. Es war ein bisschen wie nach Hause kommen und die Mädels mussten sich erstmal wieder einfinden in die alte Umgebung. Fast drei Monate war es her, dass wir hier nicht mehr täglich ein- und ausgingen. Drei Monate, in denen viel passiert ist: In denen wir umgezogen sind, eine Eingewöhnung in eine andere Kita gewuppt haben, uns in die neue Umgebung einleben und immer wieder neu verlieben. Deshalb fand ich es auch okay, dass wir drei in dem Moment auf unsere Art mit der Situation haderten, denn die Herzlichkeit, die Umarmungen, die Freude uns zu sehen, das alles tat nach dem ganzen Stress der letzten Monate irgendwie dann doch ganz gut.

„Mama, guck mal,“ hörte ich Paula zu ihrer Mama sagen, während sie auf uns deutete da ist die große Rakete mit ihrer Schwester und ihrer Mama“! Später erzählte mir Paulas Mutter, dass ihre Tochter immer noch viel von der großen Rakete erzählt. Und die Bilder, die meine Tochter für Paula gemalt hat, werden gehütet wie ein Schatz.  

Ich schluckte mehrmals einen Kloß runter. Merkte, dass die große Rakete nach kurzer „Mama bleib bei mir“-Situation sich mit ihrer Freundin an der Hand doch schnell wieder zurechtfand. Es war beinahe so, als hätte sie ihre alte Kita ein Stück zurückerobert und sie genoss die gewohnte Umgebung. Fünf Jahre gingen wir hier ein und aus. Ein großer Teil ihres Lebens. Sie kennt hier jede Ecke, jeden Winkel, beinah jedes Kind und jede:n Erzieher:in.

Zweijährige können auch vermissen…  

Die kleine Rakete musste mit der Situation erstmal warm werden . Als sie ihre Freundin entdeckte, huschte ein Strahlen über ihr Gesicht. Hand in Hand erkundeten die beiden die Kita. Sie war ein bisschen überfordert mit der Herzlichkeit, mit der ihre alten Erzieher:innen sie überhäuften. Ein hilfloser Blick in meine Richtung und ich entzerrte die Situation, als sie vor lauter Überschwang auf den Arm genommen wurde. Das war ein bisschen zu viel für die kleine Lady. Aber umso mehr war ich beeindruckt davon, wie sehr zwei zweijährige Mädels aufeinander eingehen, wie sehr sie sich scheinbar vermissen und wie sehr sie sich freuen sich zu sehen. Sie kuschelten, hielten Händchen und zum Schluss gab es noch einen Kuss. Wir beiden Mamas waren ziemlich gerührt und verabredeten uns auf dem Land für ein nächstes Wiedersehen 

Schnattern bis zum Umfallen 

Wir waren so ziemlich die letzten beim Fest und ich rechnete eigentlich mit zwei völlig erschöpften Kindern auf dem Rückweg. Doch Pustekuchen. Auf der Rückfahrt wurde geschnattert, jede Situation nochmal und nochmal erzählt und erst nachdem auch Papa zuhause über den neusten Klatsch und Tratsch Bescheid wusste, fielen die beiden völlig kaputt ins Bett. Ich legte mich gleich dazu, denn um vier Uhr hieß es für mich wieder: Aufstehen und los geht´s ins Großstadtabenteuer.  

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