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Die vermutlich älteste Handwerksbuchbinderei Deutschlands befindet sich am Alten Markt in Kiel. Inhaberin und Buchbinder-Meisterin Stefanie Tönnis ist es eine Herzensangelegenheit, die Tradition der Buchbinderei lebendig zu halten.
In den verwinkelten Straßen am Alten Markt in Kiel, eingebettet zwischen modernen Geschäften und historischen Gebäuden, verbirgt sich ein wahrer Schatz für Liebhaber:innen des geschriebenen Wortes: die Universitätsbuchbinderei Fritz Castagne. Sie gilt als die älteste Handwerksbuchbinderei Deutschlands. Hier wird die Kunst des Buchbindens seit Jahrhunderten aufrechterhalten. Zwischen alten Bibeln mit Holzdeckeln, kreativen Einbänden neuer Gedichtbände sowie aktuellen Doktorarbeiten steht Buchbinder-Meisterin Stefanie Tönnis.
Wertschätzung für hochwertiges Papier
Für die Inhaberin ist das Buchbinden mehr als ein Beruf. „Wer dieses Handwerk erlernt, bringt meist auch eine besondere Leidenschaft für Bücher mit“, sagt sie. 1988 hat Stefanie Tönnis nach einem erfolgreichen Praktikum ihre Ausbildung in dem Traditionsbetrieb von 1800 absolviert. Damals war die Buchbinderei Fritz Castagne noch in der Dänischen Straße – zirka 300 Meter vom heutigen Standort entfernt. Bereits zu ihrer Ausbildungszeit galt der Beruf des Buchbinders, der früher nur von Mönchen in Klöstern ausgeübt wurde, eher als veraltet. Doch Stefanie wusste genau, was sie wollte. Die tiefe Verbundenheit zu diesem Handwerk, die Faszination der alten Maschinen und die Wertschätzung für hochwertiges Papier zeigten, dass sie genau hierhergehörte.
Nach ihrer Ausbildung ging es für Stefanie nach Florenz, wo sie Einblicke in die Papierrestaurierung erhielt. Für mehrere Monate besuchte sie das Centro del bel Libro in Ascona in der Schweiz, eine Schule für künstlerischen Handeinband. Nach der Meisterschule in München kehrte sie nach Schleswig-Holstein zurück und übernahm den Familienbetrieb Fritz Castagne, als ihr Ausbilder und Inhaber der Kieler Buchbinderei aufhören wollte.
Ein fast in Vergessenheit geratenes Handwerk
Stefanie schätzt auch heute noch die unglaubliche Vielfalt ihrer Aufgaben. Von der Reparatur alter Bücher bis hin zur Gestaltung individueller Einbände – kein Tag gleicht dem anderen. So hat sie gerade eine alte Bibel aus dem Ende des 18. Jahrhunderts auf dem Tisch liegen, deren Ledereinband ziemlich durchlöchert war und zum Teil auseinanderfiel. „Alles, was erhaltensfähig ist, versuchen wir auch zu erhalten. Der Rest wird durch entsprechende Materialien, die den Ursprünglichen gleichen, geschickt eingearbeitet“, erklärt sie.
Neben der alten Bibel liegt ein altes Kinderbuch auf dem Arbeitstisch, welches eine ältere Dame zur Reparatur vorbeigebracht hat, um sich weiter an ihre Kindheit erinnern und daran erfreuen zu können. Gleichzeitig haben Stefanie und ihre zwei Mitarbeiterinnen gerade einen ganz besonderen Einband für einen neuen Gedichtband erstellt. Darüber hinaus fertigen sie individuelle Notizbücher, Fotoalben, Gästebücher, Familienchroniken oder auch Rezepte-Boxen, in denen die Lieblingsgerichte auf Karten festgehalten werden können.
Eine Herzensangelegenheit
Neue Einbände oder Produkte wie Rezepte-Boxen zu entwickeln, machen für Stefanie den Reiz dieses fast in Vergessenheit geratenen Handwerks aus. Details wie Farbschnitt, Lesebändchen oder eine Goldprägung lassen jedes Buch zu einem echten Unikat werden. Jeder Handgriff ist eine Hommage an die Kunst des Buchbindens und eine Erinnerung an die lange Tradition. Die Jahrzehnte alten Maschinen wie die alte Schneidemaschine oder die Heftmaschine kommen auch heute noch zum Einsatz. Das neuste Gerät ist aus den 60ern: ein Stapelschneider. Das einzig digitale in der Buchbinderei ist das Tablet, mit dem sie die Rechnungen ausstellen kann.
Für Stefanie ist es eine Herzensangelegenheit, die Tradition der Buchbinderei lebendig zu halten. Sie ist sich bewusst, dass es heute viel Idealismus erfordert, diesen beruflichen Weg einzuschlagen. Die Aussichten auf eine Anstellung sind nicht einfach. Sie rät daher allen Interessierten, sich genau zu überlegen, wo sie mit dem Handwerk genau hinwollen. Wenn einem das bewusst ist und man wie sie die große Leidenschaft für Bücher teilt, könne es ihrer Ansicht nach keinen schöneren Job geben.
Universitätsbuchbinderei Fritz Castagne
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