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Frau hält Rohstoffe für das Papierschlöpfen in die Kamera.

Aus alt mach neu: Geschredderters Büroaltpapier mit Wasser und Saaten sind die Grundlage für Lena Richters Postkarten.

Ressourcen schonen durch Wiederverwertung ist nachhaltig. Die einzige Saatpapier-Handwerkerin in Norddeutschland verfolgt genau dieses Konzept. Altes Büropapier wird aufbereitet, mit naturbelassenen Samen versehen, als Karte verschenkt und kann im Garten, auf der Fensterbank oder dem Balkon wieder aufblühen. Autorin Ines Langhorst hat ihr bei der Herstellung der besonderen Papeterie über die Schulter geschaut. 

Text & Fotos: Ines Langhorst

Wie weiche Wolken – so fühlt es sich an, wenn man die Pulpe mit den Händen im Wasser verteilt. Der Brei aus Papierfasern zieht durch das Nass wie Schäfchenwolken am Sommerhimmel. Dies ist der schönste Moment auf dem Weg vom Altpapier zu den neuen Postkarten, sagt Lena Richter, Gründerin von Blühpapier 

Dieses Papier blüht auf 

Ihre Karten haben es in sich. Bevor Lena Richter den Schöpfrahmen ins Wasser taucht, gibt sie Samen dazu. Je nach thematischem Bezug kombiniert sie Küchenkräuter, mischt bienenfreundliche Wildblumen oder legt den Grundstock für ein kleines Salatbeet in den Karten an. Mit viel Wasser in der Keimzeit und guter Erde zum Wachsen und Gedeihen entsteht auf Fensterbank und Balkon jede Menge neues Grün. Die Saaten sind naturbelassen oder haben Bio-Qualität. Vergissmeinnicht sammelt sie im Garten der Eltern am Waldrand ein. Wenn sie mit ihren Kindern unterwegs in Witzeeze, ein Dorf im Kreis Herzogtum Lauenburg, ist, hat sie oft ein Schraubglas dabei. Aufgelaufener Flachs am Wegesrand oder Cosmea, die durch den Gartenzaun auf den Spielplatz wuchern – all das ist Material für ihre Karten. Kräuter und Salat kauft sie dazu. 

Nachhaltiges Business aus Schleswig-Holstein 

„Es ist alles schon da und ich kombiniere es neu,“ sagt Lena Richter. Und dieser Ansatz ist ihr Business. Sie verwertet altes Büropapier. Davon gibt es jede Menge – beispielsweise in Schulen. Auch das Wasser zum Reinigen des bedruckten Papieres und das Schöpfwasser nutzt sie mehrfach. Denn die Papierherstellung ist sehr wasserintensiv.

Frau rührt in Pulpe zur Papierherstellung.
Blick in die Werkstatt: Nach der Pulpe werden die Samen in das Schöpfwasser gerührt.

Wachsen über Versuch und Irrtum

Mit beiden Händen taucht Lena Richter den Holzrahmen unter und nimmt ihn sorgsam wieder hoch. Nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam – daran hat sie lange gefeilt, um die optimale Stärke für ihr Saatpapier zu bekommen. Ausprobieren und lernen – alle Arbeitsschritte hat sich Lena Richter selbst beigebracht. Über YouTube-Videos und Austausch im Netzwerk, über Versuch und Irrtum. Mit dem Mixer hat sie in ihrer winzigen Küche den ersten Papierbrei hergestellt. Den Mixer gibt es heute noch – aber die wesentliche Arbeit erledigt nun eine etwas stärkere Maschine. Die hat sie zusammen mit ihrem Mann gebaut. Ohnehin sind er und der Rest der Familie wichtiger Teil von Blühpapier. Denn Lena Richter hat nicht nur ein Business gestartet, sondern auch eine Familie gegründet.

Frisch geschöpftes Blühpapier im Rahmen
Versuch und Irrtum am Schöpfrahmen: Lena Richter hat lange an optimalen Papierstärke getüftelt.

Neustart im Beruf 

Nun heißt es: Pressen. Warten. Trocknen. Drucken. Handarbeit braucht Zeit. Und ein Unternehmen zu gründen, ebenfalls. 

Biologie und Kunst – dass sie ihre Lieblingsfächer aus der Schule heute in Blühpapier zusammenbringen kann, daran hat Lena Richter am Ende der Schulzeit nicht gedacht. Sie hat Meteorologie studiert – die Physik der Atmosphäre. In ihrer Doktorarbeit hat sie sich damit beschäftigt, ob das Klima mit dem alleinigen Anbau von Bäumen noch zu retten ist. Das Ergebnis: Leider nicht. Das Thema interessiert sie bis heute – aber der Wissenschaftsbetrieb passte nicht mit ihren Vorstellungen von Leben auf dem Land, Familie und Beruf zusammen. Also: Neustart. Und dann kam Post aus England zur Hochzeit. Die wunderschöne Saatgut-Karte von Hannah Marchant hat Lena Richter begeistert und sie wusste: Das mache ich auch. 

Frau zeigt Blühkarte in die Kamera
Diese kleine Karte hat Lena Richter inspiriert, beruflich neu zu starten.

Nachhaltiges Saatpapier findet immer mehr Zuspruch 

Sie ist die einzige Saatpapier-Handwerkerin in Norddeutschland. Sie verkauft ihre Produkte online und in verschiedenen Läden im Kreis Herzogtum Lauenburg. Immer wieder fährt sie auf Märkte, wenn es die Zeit erlaubt. Mit Hochzeitsplaner:innen, die sich auf nachhaltige Hochzeiten spezialisiert haben, arbeitet sie seit kurzem zusammen. Und auch für Unternehmen stellt Lena Richter Papierprodukte her. 

Für 2023 hat sich Lena Richter vorgenommen, den Druckvorgang zu optimieren. Das Blühpapier stellt besondere Ansprüche an den Drucker, der Druckprozess dauert sehr lang. Schritt für Schritt wächst die nachhaltige Idee zu ihrem Business und Lena Richter ist glücklich mit dem, was sie tut – bindet sich die Schürze um, gibt den nächsten Schwung Pulpe ins Wasser und greift mit ihren Händen in die weichen Wolken aus Papier. 

Vasen mit Trockenblumen und eine Auslage mit Saatpapeterie.
Die besonderen Papierwaren von Blühpapier passen zum Trend der nachhaltig ausgerichteten Hochzeiten.

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