In unserer Rubrik „Dorfgeflüster“ teilen Community-Autor:innen ihre eigenen Geschichten mit dir. Es sind Themen, die selten auf Titelseiten stehen, aber dennoch einen Platz in unseren Leben einnehmen. Im neuesten Beitrag erzählt Barbara von ihrem persönlichen Weg zur Mama eines Sternenkinds. Es ist ihr eine Herzensangelegenheit das Thema Fehlgeburt aus der Tabuzone zu holen. Was ihr persönlich geholfen hat und was keine Hilfe war, liest du ebenfalls im Text.

Mein Name ist Barbara, ich bin 31 Jahre, Produktmanagerin und Bauernkind, stamme von einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Sauenhaltung und Ackerbau in der Pfalz, ganz nah an der französischen Grenze. Ich habe mich viele Jahre bei der Landjugend auf Orts-, Landes- und Bundesebene engagiert und seit meinem Ausscheiden aus dem Bundesvorstand im Jahr 2019 mache ich das nun verstärkt bei den LandFrauen.

Im selben Jahr habe ich meinen Mann geheiratet und 2021 ist unser erstes Kind zur Welt gekommen. Es war für mich und auch für uns als Paar immer sehr klar, dass wir gerne mehrere Kinder haben wollen. Ich selbst bin mit einer großen und einer kleinen Schwester aufgewachsen.

Mit dem Jahreswechsel 2022 auf 2023 wuchs Monat für Monat in mir das Gefühl, dass ich jetzt bereit für ein zweites Kind bin. Es hat dann ein paar Monate gedauert, bis ich schwanger wurde. Leider hatte meine zweite Schwangerschaft kein Happy End: Ich brachte Mitte Dezember unser Sternenkind im Krankenhaus zur Welt.

Eine Herzensangelegenheit

Ich möchte meine Geschichte gerne teilen, weil es mir seit dieser eigenen, sehr schmerzlichen Erfahrung eine Herzensangelegenheit ist dieses Thema aus der Tabuzone zu holen: Damit Betroffene sich dafür nicht verstecken oder schämen müssen, damit das Thema in unserer Gesellschaft hoffentlich ankommt, damit das Umfeld von Betroffenen sensibilisiert und damit auch mehr Verständnis aufgebaut wird.

Wir hatten außerdem eine gute und einfühlsame Beratung und Unterstützung durch die Stiftung DEIN STERNENKIND. Vielleicht hilft das Wissen darüber, dass es solche Organisationen gibt, dem einen oder der anderen Leser:in dieses Artikels irgendwann – auch wenn ich niemandem wünsche diese Erfahrung machen zu müssen.

Die Schwangerschaft

Rückblickend verlief diese Schwangerschaft in den ersten 12 Wochen, in denen wir noch davon ausgegangen sind, dass ich Mitte Juni 2024 unser zweites Kind zur Welt bringen würde, ziemlich anders. Natürlich verläuft jede Schwangerschaft anders, deswegen wollte ich mir darüber auch keine allzu großen Gedanken machen.

„Aber im Nachgang kreisten vor allem in den ersten Wochen nach dem Erlebten alle Fragen nur um das Warum?“

Aber im Nachgang kreisten vor allem in den ersten Wochen nach dem Erlebten alle Fragen nur um das Warum? Auch wenn mir die Ärzt:innen mit auf dem Weg gegeben haben, mir keine Schuld zu geben und keine Zeit zu verschwenden, auf diese Frage eine Antwort zu finden, die mir niemand mit Gewissheit geben kann. Trotzdem haben sich dadurch, dass ich mir den Verlauf der nur 13 Wochen dauernden Schwangerschaft immer wieder für mich durchgespielt habe, einige zunächst lose erscheinende Puzzleteile zusammengesetzt.

An meine erste Schwangerschaft im Jahr 2021 erinnere ich mich sehr gerne zurück, mir war die ersten zwölf Wochen morgens etwas flau im Magen und Cornflakes landeten bei jedem Einkauf in meinem Korb, aber bis auf die Tatsache, dass ich viel Zeit zwischen den Regalen mit Frühstückscerealien im Supermarkt verbrachte, konnte ich meinen wachsenden Bauch sehr genießen. Erst ganz zum Schluss wurde es nochmal etwas lästig mit Karpaltunnelsyndrom und verengten Nebenhöhlen, ansonsten war ich fit wie ein Turnschuh und meine letzte Fahrradtour machte ich drei Tage vor der Entbindung.

Und genau deswegen suchte ich völlig unbesorgt und voller Vorfreude Ende Oktober 2023 meine Frauenärztin auf, weil ich wusste, dass der Anlass ein positiver Schwangerschaftstest einige Tage zuvor war.

Sie bestätigte mir die Schwangerschaft, obwohl ich noch früh war, konnte man auf dem Ultraschall bereits den Herzschlag erkennen. Auch bei meinem nächsten Termin, vier Woche später, war mit dem Baby alles in Ordnung, ich machte mir langsam Gedanken, auf welchem Weg wir die Neuigkeit meiner Familie und engen Freunden mitteilen möchten und entschied mich dafür, dass wir dies mit den Weihnachtskarten machen werden, die ich jedes Jahr gestalte und verschicke oder an Heiligabend an enge Freunde und meine Familie verteile.

Diesen Karten geht immer ein kleines Familien-Fotoshooting voraus und dieses Jahr sollte auf der Vorderseite der Karte ein Foto zu sehen sein, auf dem meine Tochter eine Tafel in der Hand hält: „Große Schwester Juni 2024“. Ich legte den Termin für das Shooting auf die zwölfte Schwangerschaftswoche, das war zwar ganz schön knapp, um die Karten bis kurz vor Weihnachten in den Händen zu halten, aber man weiß ja, dass eben bis dahin das Risiko einer Fehlgeburt am höchsten ist. Die Fotos waren im Kasten und ich wartete voller Vorfreude darauf, dass mir die Fotografin die bearbeiteten Fotos übermittelte.

Die Wendung

Auf der Fahrt zu einer dienstlichen Veranstaltung fühlte sich irgendetwas komisch an, ich vergaß den Gedanken aber wieder und erst als ich in der Kaffeepause zur Toilette ging, entdeckte ich das Blut. So ist das also, wenn man eine Fehlgeburt hat“, dachte ich in diesem ersten Moment. Ich rief bei meiner Frauenärztin an. Ich wollte mich vergewissern, dass ich nicht überreagiere. Vorweg: meine Frauenärztin und ihre Sprechstundenhilfen sind einfach nur großartig.

Warum auch immer hatte ich aber ganz tief im inneren ein Gefühl, dass mir vermittelte: „Keine Panik, es wird alles gut!“

Ich brach den Termin ab und fuhr den eineinhalbstündigen Weg zur Praxis. Ich betete, dass das jetzt nicht das ist, wonach es aussieht. Warum auch immer hatte ich aber ganz tief im inneren ein Gefühl, dass mir vermittelte: „Keine Panik, es wird alles gut!“ Die Minuten im Wartezimmer sowie die Zeit, in der ich der Ärztin erklärte, was passiert war und sie mich untersuchte, kamen mir trotzdem wie eine Ewigkeit vor:

Mein Gefühl hat sich jedoch nicht als falsch herausgestellt – Vorerst. In dem Moment als die erlösenden Worte fielen, fiel mir ein riesengroßer Stein vom Herzen: „Der Herzschlag ist feststellbar, mit dem Baby ist alles in Ordnung.“ Allerdings konnte die Ursache der Blutung nicht festgestellt werden.

Vorsorglich schrieb mich meine Ärztin krank und verordnete mir strenge Bettruhe und Schonung. Sie bot mir sogar an, zur Überwachung stationär ein paar Tage im Krankenhaus zu bleiben. Das lehnte ich ab, denn ich fühlte mich in meinem Gefühl, dass alles in Ordnung ist, bestätigt. Dass die Bettruhe und Schonung mit einer Zweijährigen nicht ganz so leicht umzusetzen sein würden, war mir schon klar, aber die wichtigste Erkenntnis des Tages war, dass ich mir keine akuten Sorgen machen musste.

Durch den abgebrochenen Termin und die Krankschreibung war dann auch die Zeit gekommen meinem Arbeitgeber Bescheid zu sagen und meine Kolleg:innen zu informieren. Leider hielt die Erleichterung nur drei Tage an, denn es folgte eine Wendung: Diesmal war es klein Blut. Ich war auf dem Weg zur Toilette als plötzlich ein Schwall Flüssigkeit abging und meine Hose benetzte.

Ich hatte noch nie davon gehört, aber ich wusste es in dem Moment trotzdem ganz genau: Meine Fruchtblase war geplatzt. Ein Vorgang, der die Geburt einläutet und auch nur im Rahmen der Geburt passieren sollte. Das war eindeutig zu früh und im Gegensatz zu der Fahrt zu meiner Frauenärztin vor drei Tagen sagte mir mein Gefühl dieses Mal: Das ist kein gutes Zeichen.

Im Krankenhaus

Ich wurde von meinem Mann in die Notaufnahme gefahren und erzählte der Ärztin dort mit nasser Hose was vorgefallen war. Sie schaute mich fragend an und sagte mir, dass ein Blasensprung für so ein frühes Stadium sehr unwahrscheinlich sei, da sowas viel zu selten vorkommen würde. Sie untersuchte mich. Als ihr Blick immer kritischer wurde, fragte ich sie, was denn los sei. Sie gab mir Recht: Kein Fruchtwasser mehr da.

Nach der Untersuchung sagte sie ich könne meine (komplett durchnässten) Sachen wieder anziehen. Ich wurde stationär aufgenommen und am nächsten Morgen wurde mir nach einer weiteren Untersuchung mitgeteilt, dass ich beim Verlassen des Krankenhauses nicht mehr schwanger sein würde. Man würde zwei Tage abwarten, ob der Körper nun das Kind auf natürlichem Wege abgibt. Spätestens am dritten Tag würde man jedoch die Geburt einleiten.

„Ich wurde jeden Tag zwei Mal zum Chefarzt zum Ultraschall gebeten, vorbei am Wartebereich, in dem nur Frauen mit kugelrunden Bäuchen saßen.“

Ich lag also zwei Tage da – auf der gleichen Station, auf der ich damals kurz nach der Entbindung mit meiner Tochter bis zur Entlassung lag, nur ein paar Zimmer weiter. Ich wurde jeden Tag zwei Mal zum Chefarzt zum Ultraschall gebeten, vorbei am Wartebereich, in dem nur Frauen mit kugelrunden Bäuchen saßen. Das war meine kleine, persönliche Hölle.

Ich bin einige Zeit bevor ich in dieser Situation war, durch die sozialen Medien auf die DEIN STERNENKIND Stiftung aufmerksam geworden. Ich konnte mich daran erinnern, dass es sich um ein Netzwerk aus ehrenamtlichen Koodinator:innen und Fotografi:innen handelt, die das erste und das letzte Bild von totgeborenen Kindern und Kinder, die kurz nach der Geburt versterben, machen.

Und ich wusste in dem Moment als ich mich mit der Situation abgefunden hatte: Ich möchte auch gern ein Foto von unserem Kind haben. Ich recherchierte nochmal auf deren Homepage und bat meinem Mann dort anzurufen und zu fragen. Ich war nicht in der Lage über das uns Bevorstehende zu sprechen.

„Mein Mann hat fast eine Stunde mit einer Koordinatorin telefoniert, die alle Fragen beantworte, die ich mich gar nicht getraut hätte, laut zu stellen.“

Mein Mann hat fast eine Stunde mit einer Koordinatorin telefoniert, die alle Fragen beantworte, die ich mich gar nicht getraut hätte, laut zu stellen. Meine größte Sorge: Mein Kind kommt in den Müll. Mein Mann wurde über die Möglichkeit der anonymen Sammelbestattungen von Sternenkindern aufgeklärt und teilte nach dem Telefonat alle Informationen – darunter auch hilfreiche Tipps, was uns nach der Geburt helfen könnte, mit der Trauer umzugehen – mit mir.

Offene Karten

Eine weitere sehr tröstliche Erfahrung in dieser Zeit war der Kontakt zu einer langjährigen Freundin, die weit entfernt wohnt. Der Kontakt beschränkt sich deshalb, bis auf wenige Besuche, nur auf Whats-App(-Sprach)-Nachrichten. Wir hatten nun aber schon ein paar Monate nichts mehr voneinander gehört und sie fragte mich einfach so, wie es mir geht.

„Ich habe mir von Anfang an vorgenommen mit offenen Karten zu spielen und niemanden anzulügen.“

Ich habe mir von Anfang an vorgenommen mit offenen Karten zu spielen und niemanden anzulügen. Gleichzeitig wollte ich niemanden überrumpeln und überfordern. Das war immer so ein kleiner Spagat zwischen der ehrlichen Antwort auf die Frage, wie es mir geht („Gerade nicht so gut, ich hatte gerade eine eingeleitete Fehlgeburt im Krankenhaus.“) und der Angst ich überrolle damit jemanden. Ich wollte einerseits ehrlich sein, aber mein Gegenüber weder triggern noch in eine unangenehme Situation bringen. Meine Sorge war wohl auch, dass die Personen gar nichts dazu sagen können oder sich von mir distanzieren.

Diese Freundin und ich haben uns schon durch ein paar Tiefs in unserem Leben getragen und darum schrieb ich ihr, was los ist. Sie schrieb mir daraufhin jeden Tag bis zur Entlassung und darüber hinaus. Sie fand für die Situation tröstende und aufbauende Worte. Dafür habe ich bis heute so viel Respekt und Anerkennung, ich wüsste nicht, ob mir das als Freundin gelungen wäre.

Eine Arbeitskollegin, die mir per WhatsApp noch verspätete Glückwünsche zur Schwangerschaft schickte, erzählte ich auch von meiner Situation. Sie schickte mir später eine Karte mit so einfühlsamen Worten und ein Armband mit einer Vergissmeinnicht-Blüte.

Meine Mama, die mich nach der Entlassung fest in den Arm nahm und sagte: „Ich hätte dir das so gerne abgenommen.“ und mein Papa der einfach nur schrieb: „Wir leiden mit dir“, reihen sich bei den Menschen ein, die mir während dieser Zeit und danach so viel Trost gespendet haben: Dafür bin ich sehr dankbar und hätte vorher nicht gedacht, wie viele Wärme ein einfacher Satz, wie: „Ich denke ganz fest an dich!“ spenden kann.

„Dafür bin ich sehr dankbar und hätte vorher nicht gedacht, wie viele Wärme ein einfacher Satz, wie: „Ich denke ganz fest an dich!“ spenden kann.“

Besuch wollte ich während meines insgesamt fünftägigen Krankenhausaufenthalts, bis auf von meinem Mann und meiner Tochter, keinen empfangen. Das haben auch alle respektiert. Für mich stand die Welt still, ich habe noch nie so viel geweint. Für meinen Mann, der fast jede Sekunde an meiner Seite stand, war es sehr hart nichts tun zu können, um irgendetwas an dieser Situation zu ändern.

Nachdem am vierten Tag eingeleitet wurde, brachte ich unser Sternchen zur Welt. Es ging alles sehr viel schneller und war auch nicht mit solch extremen Schmerzen verbunden. Da es am frühen Abend war und ich sowieso noch eine weitere Nacht im Krankenhaus bleiben musste, kam die Fotografin Verena am nächsten Tag ins Krankenhaus. Wir verabschiedeten uns während die Fotos gemacht wurden in einer sehr liebevollen und friedlichen Atmosphäre.

Verena war großartig. Es tut so gut zu wissen, dass es Menschen gibt, die den Eltern, die solch einen Verlust ertragen müssen, zur Seite stehen, ihren Schmerz ernst nehmen, Mitgefühl spenden und mit den Fotos ganz wertvolle Erinnerungen schaffen.

Die Sammelbestattung der Sternenkinder bei uns in der Umgebung findet nur einmal im Jahr stattfindet. Dieser Termin hatte wenige Wochen vorher stattgefunden, sodass wir viele Monate warten müssen. Deshalb riet uns die Koordinatorin am Telefon unabhängig vom Friedhof, einen Ort zum Trauern zu schaffen. Wir haben uns dafür entschieden, ein kleines Kästchen aus Holz mit dem Datum versehen zu lassen, dort bewahren wir die Fotos und alle anderen Erinnerung, die wir mit der Schwangerschaft verbinden auf, z. B. Ultraschallbilder, den Schwangerschaftstest etc.

Anteiliger Mutterschutz 

Als ich vier Tage nach der stillen Geburt zur Nachsorge bei meiner Frauenärztin war, wollte ich eigentlich so schnell wie möglich wieder arbeiten gehen. Sie riet mir dringend davon ab mich zwanghaft ablenken zu wollen und schrieb mich noch bis ins neue Jahr krank. Sie meinte, dass ich durch die Hormonumstellung im Nachgang wahrscheinlich noch einige Male von der Trauer über dem Verlust überwältigt werden würde und dass es für meine psychische Verfassung und mentale Stabilität langfristig heilsamer ist, zu lernen damit umzugehen, anstatt zu unterdrücken.

Ich musste also bei ihr nicht darum betteln und sie hätte mich auch noch länger krankgeschrieben, wenn ich das gewollt hätte. Ich weiß nicht, ob jede:r Frauenärzt:in so fürsorglich handelt. Um hier generell die Betroffenen nicht in eine Bittsteller-Position zu manövrieren, spreche ich mich grundsätzlich für einen anteiligen gesetzlichen Mutterschutz nach der Fehlgeburt aus, der dann durch individuelle Krankschreibung verlängert werden kann.

Für Familien, die sowas erlebt haben, steht die Welt still. Zumindest hat es für uns eine kleine Weile gedauert, bis wir uns und wieder mit der Welt weiterdrehen konnten und den ersten Schock verdaut hatten.

Was mir persönlich  k e i n e  Hilfe war:  

Ratschläge, die ich zum Glück nur sehr selten gehört habe, die ich dennoch kenne. Ich weiß, dass die alle gut gemeint sind und darüber hinwegtäuschen, dass man zu dem Thema nichts beitragen kann.

Ach, sie können doch noch so viele gesunde Kinder zu Welt bringen.

Danke, liebe Narkoseschwester, das hilft mir in diesem Moment, in dem du mich gerade in den OP zur Ausschabung schiebst, leider nicht. Denn momentan stelle ich mir die Frage, ob ich nach dieser traumatischen Erfahrung überhaupt je wieder unbeschwert schwanger sein kann und will.

Für irgendetwas war das bestimmt gut.

Da war bestimmt irgendetwas nicht in Ordnung, sonst hätte die Natur das ja nicht so entschieden!“

Medizinische Ratschläge von nicht medizinischem Personal – einfach: Nein!

Was uns s e h r geholfen hat:

Ich bin dankbar dafür, dass in meinem Bekanntenkreis vorher bereits andere Frauen Ihre Erfahrungen zum Thema Fehlgeburt mit mir geteilt haben. Das lag teilweise schon mehrere Jahre zurück, trotzdem konnte ich mich daran erinnern. Es ging mir nicht drum zu wissen, dass diese Frauen danach noch weitere Kinder zur Welt gebracht haben, sondern einfach, dass ich in dem Moment wusste:

„Ich bin nicht alleine und nicht die erste Frau, die eine Fehlgeburt hat.“

Genau aus diesem Grund haben wir uns auch entschieden sehr offen mit diesem Thema umzugehen.

Für die Weihnachtskarten haben wir, aufgrund der Umstände ein anderes Foto gewählt, allerdings haben wir einen Text geschrieben und ausgedruckt, den wir den Menschen, bei denen uns wichtig war, dass sie davon erfahren zur Grußkarte gelegt haben. Darauf stand:

„Ursprünglich wollten wir Euch auf dieser Karte mitteilen, dass wir im Juni zum zweiten Mal Eltern werden, die entsprechenden Fotos waren bereits im Kasten. Leider waren uns nur 13 sorglose Schwangerschaftswochen vergönnt. Fünf Tage Krankenhausaufenthalt und das schmerzliche Warten waren eine sehr harte Zeit für uns. Aber auch diese Nachrichten gehören zum Leben dazu und wir möchten als Freunde nicht lediglich die schönen Momente mit Euch teilen. Wir richten den Blick nach vorne auf ein 2024 mit hoffentlich vielen glücklichen und unbeschwerten Momenten!“

In den ersten Wochen danach habe ich, egal ob auf die Frage wie es mir geht sowohl der Nachbarin als auch der Frau, die im Fitnessstudio den gleichen Kurs besucht, mit „Nicht so gut, ich hatte eine eingeleitete Fehlgeburt“ geantwortet. Es hat sich nicht richtig angefühlt, zu sagen es wäre alles in Ordnung, es hat sich falsch angefühlt zu lügen und als würde ich mit einem Lächeln und der Antwort: „Alles gut und bei dir?“ diese Schwangerschaft und mein Kind verleumden.

Einige Freundinnen haben sich von sich aus mit mir verabredet und gefragt: Möchtest du erzählen wie es dir geht? Willst du sagen, was passiert ist? Die Antwort auf die Frage wie es mir geht ist dabei am schwersten. Weil ich das selbst schwer greifen kann, dass einem manchmal ein Gefühl der Trauer überkommt, Trauer über einen Menschen, den man niemals kennengelernt hat.

Trotzdem tat es mir jedes Mal gut im geschützten Rahmen im Gespräch zu zweit zu erzählen. Das hat auch ein Stück beim Verarbeiten geholfen und ich wusste, dass sich Menschen dafür interessieren und das unser Kind nicht vergessen wird, weil andere danach fragen.

„Ich habe durch diese Menschen, die einfach gefragt und mich erzählen lassen haben auch gelernt, wie ich zukünftig mit anderen Menschen umgehen möchte: Auch ich will gerne ein offenes Ohr für ihre Geschichten anbieten.“

Ich habe durch diese Menschen, die einfach gefragt und mich erzählen lassen haben auch gelernt, wie ich zukünftig mit anderen Menschen umgehen möchte: Auch ich will gerne ein offenes Ohr für ihre Geschichten anbieten. Das habe ich mich selbst in der Vergangenheit nie getraut, weil ich niemandem zu nahe treten wollte und jetzt aber gemerkt, wie gut es mir getan hat.

Kurz vor Weihnachten habe ich es einer Erzieherin der Kita meiner Tochter erzählt, die ich zufällig getroffen habe. Auch das hat sich für mich richtig angefühlt. Ich wusste von ihr, dass sie meine Tochter nicht von sich aus darauf ansprechen wird. Ich wusste aber, dass in der Kita auch ein Geschwisterkind ist, dessen Mama nochmal schwanger war und auch leider eine stille Geburt hatte.

Meine Tochter kam irgendwann nach Hause und fragte, wo das Baby ist. Ich habe ihr ihre Babypuppe gegeben und sie meinte: „Nein, das Baby in deinem Bauch.“ Dann hat sie mich noch gefragt: „Ist das weggeflogen?“ Dann sind wir ans Fenster gegangen und ich habe ihr gesagt, dass das Baby weggeflogen ist, auf dem größten und hellsten Stern sitzt und auf uns aufpasst.

Im Nachgang habe ich erfahren, dass die Kinder auf der Schaukel darüber gesprochen haben. Ich habe mir vorher so viele Gedanken gemacht, ob und wenn ja, wie ich das meiner Tochter erklären soll. Und seit dem Tag schauen wir manchmal abends zusammen nach dem größten und hellsten Stern.

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