Kategorien: Familie & Partnerschaft - Gesundheit & Wellness

Die Kinderplanung ist abgeschlossen oder es besteht grundsätzlich kein Kinderwunsch? Dann könnte eine Vasektomie eine gute Idee sein, denn sie zählt zu den sichersten Verhütungsmethoden überhaupt. Allerdings sollte sie sehr gut überlegt sein. Unsere Autorin Vanessa Schön berichtet von dem operativen Eingriff sowie dessen Vor- und Nachteilen und gibt Tipps, wie Mann und Frau die Entscheidungsfindung gestalten könnten.
Text: Vanessa Schön
enn wir uns die Tatsachen anschauen, dann ist die Vasektomie, die Sterilisation beim Mann, der King unter den Verhütungsmethoden. Sie hat einen Pearl-Index von 0,1 – heißt: von 100 Menschen, die damit 1 Jahr lang verhütet haben, sind 0,1 doch schwanger geworden. Das ist mega sicher und tatsächlich liegt sogar der Pearl-Index der Sterilisation der Frau bei 0,2. Die Versagensquote ist quasi doppelt so hoch. Ich halte eine Vasektomie für eine wirklich gute und langfristige hormonfreie Verhütungsmethode. Großartige Idee, da einfach etwas durchzutrennen und man hat für immer Ruhe im Karton. Und warum zur Hölle sollte auch Verhütung immer Aufgabe der Frau sein? Da ist der kleine Schnitt im Untergeschoss schon ebenso praktisch wie ressourcenschonend im Gegensatz zu Kondomen und und und … Jackpot, quasi.
Eine Vasektomie sollte wohlüberlegt sein
Allerdings, so sehr ich es auch schätze, dass es derartige Möglichkeiten gibt, kann ich diese Form der Verhütung nur mit einer großen Einschränkung bewerben, denn eine Vasektomie sollte wirklich gründlich überlegt sein. Nein, eigentlich sogar mehr als das. Man vermag sich gar nicht vorzustellen, was sich im Leben innerhalb von ein paar Jahren alles verändern kann und man als Mensch ändert sich (und seine Ansichten) gegebenenfalls mit. Wirklich kaum absehbar ist das, weiß ich aus Erfahrung. Und aus meiner Sicht ist diese endgültige Entscheidung GEGEN (weitere) Kinder genauso schwerwiegend wie die Entscheidung FÜR ein weiteres Kind.
Deine Entscheidung
Klar, es gibt gute und auch schwerwiegende Gründe sich gegebenenfalls schon frühzeitig im Leben für eine Aufgabe oder gegen eine Aufnahme der Fortpflanzungskarriere zu entscheiden. Krankheiten, die vererbt werden, oder eine kaum mehr stemmbare Anzahl an bereits vorhandenen Kindern … Ich verstehe. Und ich lese auch immer wieder davon, dass Menschen es als übergriffig und bevormundend empfinden, wenn sie z. B. aufgrund ihres noch jungen Alters von Ärzten nicht sterilisiert werden bzw. man versucht, sie eindringlich umzustimmen. Auch wenn mein Leben für mich ohne Kinder undenkbar wäre, kann ich durchaus verstehen, wenn sich Menschen für genau das gegenteilige Lebensmodell entscheiden und dann auch nicht ständig mit dem Risiko eines Verhütungsunfalls und eventuell mit hormoneller Belastung des eigenen Körpers leben wollen. Ein Kind? Kein Kind? Zwölf Kinder? Deine Entscheidung.
Voreilig entschieden
Auf der anderen Seite kenne ich aber auch das Gegenteil. Das befreundete Paar, dass nach den super anstrengenden ersten 4 Jahren mit erst einem und dann zwei Kindern für sich entschieden hat, den Kinderwunsch via Vasektomie zugunsten des Nachtschlafs und des beruflichen Vorankommens an den Nagel zu hängen, nur um dann 4 Jahre später zu merken, dass man da doch vielleicht übereilt und unter ungünstigen Bedingungen geurteilt und entschieden hat. Oder eben mein Mann, der 2015 noch ein weiteres Kind für sich zu 100000 Prozent ausschließen konnte (den Beitrag über Vanessas einseitigen Kinderwunsch findest du hier) und auch, dass sich das jemals ändern würde, und der dann 4 Jahre später unterm Messer lag, um sich seine Samenstränge wieder zusammennähen zu lassen.
Spoiler: Ja, das geht. Sterilisationen lassen sich mittlerweile rückgängig machen. Diese Eingriffe sind aber nicht vergleichbar mit dem Umfang der Vasektomie. Weder von der ärztlichen Arbeitsleistung noch vom Preis. Und es gibt keine Erfolgsgarantie. Aber dazu ein anderes Mal.
Reden, Abwägen, Abwarten
Wenn ich Menschen, die über Sterilisation nachdenken, etwas raten dürfte, dann wären es genau diese drei Sachen: Reden, Abwägen, Abwarten.
Reden: Wer mit dem Gedanken spielt, diese schwerwiegende Entscheidung zu treffen, tut gut daran, darüber zu sprechen. Für Menschen in festen Beziehungen zuerst einmal mit dem/r Partner:in. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es für eine Beziehung schwierig werden kann, wenn diese Entscheidung einseitig gefällt wird und sich das Gegenüber nicht mitgenommen und gehört bzw. gesehen fühlt. Bei der Wahl der Verhütungsmethode sollten beide Partner:innen gleichberechtigt beteiligt sein. Ist einer/eine dagegen oder unschlüssig, dann würde ich dringend dazu raten, die Entscheidung vorerst aufzuschieben.
Außerhalb von Beziehungen sind Fachärzt:innen gute Ansprechpartner:innen, um durch fundierte Beratung in seiner Entscheidung etwas klarer zu werden. Vielleicht gibt es auch im persönlichen Umfeld jemanden, der bekanntermaßen sterilisiert ist und den man mal fragen kann?
Abwägen: Bei der Entscheidung für eine Vasektomie würde ich in jedem Fall erstmal von Endgültigkeit ausgehen und nicht die Möglichkeit des Rückgängigmachens miteinbeziehen. Sind die Gründe tatsächlich stark genug, um diese Entscheidung ein für alle Mal zu fällen? Bin ich/ sind wir gerade überhaupt in der Lage, eine derartige Entscheidung zu fällen? Ich sage mal so: Erschöpfung ist ein schlechter Ratgeber und ein massives Schlafdefizit keine gute Ausgangssituation für solche Entscheidungsfindungen.
Und zu guter Letzt: Abwarten! Hat man sich am Ende dafür entschieden (oder auch dagegen), würde ich nie sofort Nägel mit Köpfen machen, sondern die ganze Nummer erstmal in die Schublade und auf Wiedervorlage in einem halben oder ganzen Jahr legen. Oft fällt einem nach einer großen Entscheidung ja doch noch der ein oder andere Grund dafür oder dagegen ein. Sechs oder zwölf Monate sind im Hinblick auf eine lebenslange Entscheidung wohl okay als Bedenkzeit, oder? Man muss auch erstmal schauen, wie es sich anfühlt, sich für diesen Weg entschieden zu haben. Und wenn man sich nach ein paar Monaten noch immer sicher ist und sich das alles gut anfühlt, dann geht‘s los.
Wenn‘s dabei bleibt: Tatsachen schaffen
Vasektomien werden in Praxen von z. B. Urolog:innen, Androlog:innen und Chirurg:innen durchgeführt. Ich würde an dieser Stelle darauf plädieren, sich sorgfältig zu informieren und nicht einfach den/die nächstgelegene:n Ärzt:in zu wählen. Bei Operationen dieser Art profitiert man ganz klar von der Übung und Expertise des/r ausführenden Operateur:in und sie werden auch nicht von jedem/r auf die gleiche Art durchgeführt. Der Eingriff ist verhältnismäßig geringfügig und meist ist auch nicht mit langen Wartezeiten zu rechnen. Er findet in der Regel ambulant und mit örtlicher Betäubung statt. Mittlerweile gibt es sogar schon skalpellfreie Methoden und man findet bei Bedarf Praxen, die Vollnarkosen anbieten.
Sehr viele weitere Informationen rund um die OP auch in Hinsicht auf mögliche Komplikationen findest du z. B. hier bei Dr. Martin Petsch.
In unserem Fall ergab sich eine Wartezeit von 3 Wochen und die Kosten beliefen sich auf knapp 600 Euro für die herkömmliche Methode mit Teilnarkose. Mein Mann hatte im Anschluss ein paar Tage frei, war aber nach der OP nicht wirklich eingeschränkt. Wie lange man welche Tätigkeit vermindern oder vorübergehend einstellen muss (zwinkizwonki), sollte immer mit dem/r Operateur:in und betreuenden Ärzt:in besprochen werden. Diese/r kann im Zweifel auch eine normale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen, sodass dafür kein Urlaub genommen werden müsste.
Eine Vasektomie kann eine große Entlastung sein
Mein Fazit: Verglichen mit dem Prozess der Entscheidungsfindung ist das große Finale aus meiner Sicht lächerlich unspektakulär. Okay, to be honest, ich lag ja auch nicht unterm Messer und musste mir am Allerheiligsten rumschneiden lassen. Im Anschluss nicht mehr auf hormonelle Verhütung o. ä. angewiesen zu sein, ist großartig. Und das kaum mehr existente Risiko einer ungewollten Schwangerschaften kann sehr entlastend sein und, so habe ich mir sagen lassen, auch dem Sexualleben zuträglich. Aber man muss eben wirklich gut drüber nachdenken. Ein bisschen wie beim Sex an sich: Gut, gründlich und ohne Zeitdruck.
Wie kann ich Klönstedt unterstützen?
Das ist ganz einfach. Es sind die vielen kleinen Taten, die Klönstedt groß werden lassen. Melde dich zum Newsletter an, folge uns auf Instagram, lies unsere Artikel, schau unsere Videos, oder nimm an unseren Dorftreffen teil. Neben all der Liebe, die in diese Inhalte und Veranstaltungen fließt, kostet die Herstellung der Inhalte auch Geld. Damit Klönstedt auch weiterhin nur wenig Werbung zeigen muss, benötigen wir finanzielle Unterstützung von euch. Wir informieren euch bald über eine neue Möglichkeit, wie ihr Klönstedt auch finanziell unterstützen könnt.
Hinterlasse einen Kommentar