Kategorien: Familie & Partnerschaft

Hast du schon mal über eine offene Beziehung nachgedacht und diese Option mit deinem Partner oder deiner Partnerin besprochen? Im neuen Beitrag aus der Kategorie „Dorfgeflüster“ gewährt dir unsere Community-Autorin Einblicke in ihren Lebensbereich der offenen Ehe. Sie erzählt, wie es dazu kam, welche Herausforderungen die Idee mit sich brachte und was der Schlüssel für diese Freiheit ist …
Vor einigen Jahren gab es viele Ereignisse, die uns gezeigt haben, wie schnell sich das Leben verändern und auch zuende sein kann. Mit Verlust umgehen und ein neues Finden innerhalb unserer Familie hatte über Monate die Überhand. Uns wurde noch bewusster, was wir im Leben noch alles machen und erleben möchten. So sind wir – schon immer frei in unserer Fantasie zu zweit – in einem gemeinsamen Gespräch darauf gekommen, dass es „doch auch ganz spannend“ sein könnte, sich mit anderen Paaren zu treffen.
„So sind wir in einem gemeinsamen Gespräch darauf gekommen, dass es „doch auch ganz spannend“ sein könnte, sich mit anderen Paaren zu treffen.“
Einige Zeit verging, das Thema ploppte immer wieder auf. Es wurde gelesen, geguckt, geschnackt, informiert und die ersten Vorstellungen und Regeln besprochen. Wir legten ein Paarprofil beim JoyClub an und die Vorfreude wurde immer größer. Die Fantasie spielte verrückt und die Aufregung stieg an.
Von den Fantasien zur Realität
Doch das war nicht von langer Dauer. Ziemlich schnell wurde klar, dass es in der Realität gar nicht so einfach war: Zwei Paare, vier Menschen – alle mit jeweils gewissen Vorstellungen, familiären Hintergründen und Verpflichtungen – müssen gemeinsam Zeit finden, möglichst nicht zu weit voneinander entfernt wohnen, aber auch nicht unbedingt persönlich bekannt. Es muss einen passenden, entspannten Ort geben, aber nicht Zuhause. Wer mit wem und was sollte allen klar sein und dabei sollten sich alle ja auch noch irgendwie attraktiv und interessant finden. Was für eine Herausforderung für eine Sache, die doch bereichernd für uns sein sollte.
„Ziemlich schnell wurde klar, dass es in der Realität gar nicht so einfach war.“
Wieder verging Zeit. Wir spürten in uns hinein, steckten neue Grenzen und Regeln fest. Was fühlt sich gedanklich gut an und was möchten wir wirklich? Irgendwann war es dann soweit und wir hatten unser erstes Date mit tollen Menschen und spannenden Erfahrungen, von denen wir heute immer noch gerne sprechen. Aber es war trotzdem nicht DAS …
Es wurde immer klarer, dass auch die Vorstellungen einer offenen Ehe von mir und meinem Mann unterschiedlich waren. Während ich keinen Reiz darin fand, ihn und andere beim Sex zu sehen oder dabei zu sein, empfand er das als sehr spannend.
Sex beim ersten Date? Für ihn machbar, für mich nicht unbedingt. Diese Unterschiede, zusätzlich zu dem Zeitmanagement einer Familie, machten es schwierig auf einen Nenner zu kommen, weshalb wir uns einige Monate später dazu entschlossen, uns an Einzeldates zu versuchen.
Erste Dates und viele Fragen
Ständig im Austausch darüber was möglich wäre, was geht, aber was auch so gar nicht geht, meldete sich jeder für sich auf den gängigen Dating-Portalen wie Tinder und Lovoo an und unsere Regeln wurden neu durchdacht.
Was für eine verrückte Welt! Jetzt war man jahrelang zusammen und auf einmal hatte man wieder das Gefühl, sich auf irgendeine Art und Weise präsentieren zu müssen. Das brachte gerade mich immer wieder ins Straucheln und ich brauchte einige Zeit, bis ich meine Grenzen verstanden und abgesteckt hatte.
Und dann kamen die ersten Dates, gepaart mit Aufregung, Spannung, Unsicherheit, Vorfreude. Wie wird der Partner reagieren? Was macht es mit mir? Wie weit möchte ich gehen? Ist das wirklich in Ordnung? Viele Fragen, die alle eine Antwort bekamen und das bei uns beiden auf ganz unterschiedliche Art und Weise.
Neue Erfahrungen, neue Regeln
Und so ist es noch. Wir leben jetzt seit sechs Jahren in einer offenen Beziehung und immer wieder gibt es unterschiedliche Gefühle und Gedanken dazu. Denn so wie es sich am Anfang schon gezeigt hat, haben mein Mann und ich unterschiedliche Bedürfnisse, was das Daten von anderen Menschen betrifft.
„Wir leben jetzt seit sechs Jahren in einer offenen Beziehung und immer wieder gibt es unterschiedliche Gefühle und Gedanken dazu.“
Neben Sympathie und einer Wellenlänge steht bei meinem Mann der Sex mit im Vordergrund, während ich die intensive zwischenmenschliche Beziehung genieße und eher in die Richtung Polyamorie denke. So hatte ich schon eine Beziehung über mehrere Monate neben der Ehe.
Es kam immer mal vor, dass eine Regel, die wir ganz am Anfang aufgestellt hatten, weggefallen ist. Viele davon waren am Anfang Hilfe und Leitfaden, um sich langsam an diese ganze Sache heranzutasten. Einige stellten sich aber eher als Hindernis für uns heraus. Wie zum Beispiel keine Bekannten zu treffen oder aber, dass wir unsere Handynummer nicht herausgeben wollten.
Ziemlich schnell, nachdem wir uns für Einzeldates entschieden hatten, verabschiedeten wir uns auch von der Regel, dass niemand woanders übernachten durfte. Wir empfanden es für alle wertschätzender, wenn man zumindest die Möglichkeit dazu hatte, bei dem Date-Partner oder der Date-Partnerin zu bleiben.
Feste Regeln
Die einzigen Regeln, die bis jetzt geblieben sind, waren für uns von Anfang an am Wichtigsten. Denn neben der Verhütung, die für uns selbstverständlich ist, möchten wir keine Dates Zuhause empfangen. Unser Haus ist der Schutzraum für uns und unsere Kinder. Was kommt, wenn die irgendwann ausgezogen sind? Wir werden sehen …
Obwohl alle Dates immer nur in gemeinsamer Absprache vereinbart wurden, kam es immer mal wieder dazu, dass der Andere sich nicht wohl bei dem Gedanken gefühlt hat, dass der oder die Partner:in zu einer anderen Person fährt.
Es brauchte einige Zeit, ein paar Auseinandersetzungen und viele Unterhaltungen, bis wir verstanden, dass diese Eifersucht wenig mit dem Date an sich zu tun hatte, sondern eher mit uns selbst: Wie geht es mir gerade? Was fehlt mir? Bin ich beruflich gestresst? Habe ich genug Zeit für mich alleine? Nutze ich meine freie Zeit für Dinge, die ich wirklich möchte?
Bei all dem kam immer heraus, dass wir es unserem Partner gönnen, wenn er eine schöne Zeit hat. Jede:r von uns genießt diese Individualzeit. Die Eifersucht hatte damit zu tun, dass man selbst einen Mangel erlebte, der nichts mit dem Partner zu tun hatte. Es ist dann auch nicht die Aufgabe des anderen, diesen Mangel aufzulösen.
„Wir haben uns in dieser Zeit viel mit uns selbst beschäftigt und uns nochmal besser kennengelernt…“
Wir haben uns in dieser Zeit viel mit uns selbst beschäftigt und uns nochmal besser kennengelernt, was das Miteinander, auch außerhalb der offenen Ehe, harmonischer macht.
Immer wieder gibt es ganz viele Gespräche über die eigenen Wünsche und Bedürfnisse innerhalb und außerhalb des Ehe- und Familienlebens. Wir setzen uns auf den neuesten Stand und gucken dabei immer auf uns persönlich. So kommt es auch schon einmal vor, dass jemand mehrere Monate gar keine Dates hat.
Unser Weg, andere Wege
Diese Geschichte ist unser Weg und nicht vergleichbar mit anderen offenen Beziehungen. Wir haben in den letzten Jahren so viele unterschiedliche Arten kennengelernt, wie Paare eine offene Beziehung gestalten und ausleben möchten. Es gibt hier kein richtig oder falsch sondern den jeweiligen persönlichen Weg.
Uns geht es momentan gut damit, wie wir es gestalten. Dabei ist aber nichts in Stein gemeißelt und je nach Bedürfnis sind wir da frei, es immer wieder anders zu machen …
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Dankeschön an die Personen die das öffentlich teilen.
Ich bzw wir finden uns in einigen Punkten total wieder.
Der Letzte Absatz beschreibt es perfekt!
Das Konzept offene Beziehung/Ehe in dem auch ich lebe ist extrem individuell und nicht für jeden Menschen was, aber wenn kann es toll und erfüllend sein.
Liebe:r Jolle, vielen Dank für dein offenes Feedback! Es freut uns sehr zu hören, dass dir der Beitrag gefällt und du dich darin wiederfinden kannst. Wir wollen verschiedene Lebensweisen vorstellen und zum Nachdenken anregen. Danke, dass du Teil dieser Diskussion bist! Liebe Grüße von Cathy & dem ganzen Klönstedt-Team