Kategorien: Familie & Partnerschaft - Leute

Herzliche Umarmungen, lange Gespräche beim Bäcker, Kosenamen schon vor dem Kennenlernen – das ist die Sprache der Liebe im Rheinland. Doch wie sieht das auf dem norddeutschen Land aus? Unsere Community-Autorin erzählt, wie sie in Norddeutschland das Daten und die Liebe neu verstanden hat. Und warum eine Packung Eier vor der Tür manchmal mehr sagt als tausend Worte.
Ich bin mit Karneval aufgewachsen, mit lautem Lachen, Umarmungen zur Begrüßung und einem „Schätzchen“ auf den Lippen, bevor ich überhaupt wusste, wie jemand heißt. Und dann zog ich ins echte Norddeutschland – beruflich, dachte ich. Aber dass ich ausgerechnet hier das Flirten ganz neu lernen würde, hätte ich nie für möglich gehalten.
Was willst du im Norden?
Als ich damals aus Köln nach Schleswig-Holstein zog, hatten meine Freundinnen nur eine Frage: „Und was willst du da, bitte schön?!“ Ich sagte irgendwas von „neue Herausforderung“, „Meerluft“ und „mal was anderes“. In Wahrheit war es ein bisschen Flucht vor einer schlimm endenden Beziehung, ein bisschen Sehnsucht nach Neuanfang und ziemlich viel Bauchgefühl. Und: eine Anstellung als Ergotherapeutin in einem kleinen Reha-Zentrum.
Norddeutsche Höflichkeit
Mein erster Abend in der Dorfkneipe: Ich lachte laut, redete mit Händen und Füßen – und bekam … Blicke. Nicht unfreundlich. Aber auch nicht das, was man in Köln einladend nennen würde. Nur einer am Tresen sagte kurz „Moin“ und sah dann wieder in sein Bierglas. Ich hielt ihn für unhöflich. Wochen später sollte ich lernen: Das war norddeutsche Höflichkeit auf Höchstniveau.
Daran musste ich mich wirklich erst gewöhnen. Ich kannte es, mit einem herzlichen „Na, wie isset?“ in jeden Raum zu platzen und beim Bäcker in zwei Minuten Lebensgeschichten zu hören. Hier bekam ich oft nur ein Nicken. Vielleicht.
Der schweigsame Typ
Ich war allein in einer Dachwohnung mit Blick auf Kühe. Schön, aber doch sehr ruhig. Ich dachte schon, dass Norddeutschland vielleicht doch nicht der richtige Ort für mich wäre. Aber einfach aufgeben ist auch nicht meine Art. Und dann war da dieser Typ. Dunkelblonde Haare, eher der schweigsame Wikinger-Typ. Ich sah ihn zuerst auf dem Wochenmarkt, dann ein paar Tage später mit Gummistiefeln und nassem Hund vor dem Supermarkt, wo er den letzten Liter frische Milch vor meiner Nase aus dem Regal zog.
„Du warst das mit dem Kohlrabi“, sagte er, als ich ihn zum dritten Mal traf. Ich hatte keine Ahnung, was er meinte, aber es klang wie ein Kompliment. Später fand ich heraus: Er hatte mich beobachtet, wie ich versucht hatte, beim Gemüse-Einkauf das Plattdeutsch der Verkäuferin im Hofladen zu verstehen.
Seltsam oder süß?
Er war Landwirt. Und von Anfang an so zurückhaltend, dass ich erst dachte, ich hätte mir das Gespräch eingebildet. Aber dann stand plötzlich eine Packung frische Eier an meiner Haustür. Kein Zettel, kein „Liebe Grüße“. Einfach Eier. Ich fand das seltsam. Und irgendwie … süß.
So ging es weiter. Statt Blumen: ein Topf Dill vor meiner Tür. Statt Komplimente: ein „Geiht“ auf meine Frage, wie sein Tag war. Irgendwann habe ich gelernt, zwischen den Zeilen zu hören. Dass ein „Passt schon“ eigentlich „Ich mag dich“ heißt. Und dass es große Worte nicht braucht, wenn jemand morgens um 5 Uhr deine Einfahrt von Schnee freischaufelt, weil du mit dem Auto zur Arbeit musst.
Seine Version von „Ich liebe dich“
Er hat mich nie gefragt, ob ich bei ihm einziehen will. Ich bin einfach irgendwann dageblieben. Meine Zahnbürste stand in seinem Bad, meine Jacken hingen an seiner Garderobe – und niemand hat etwas gesagt.
Heute, sieben Jahre später, schmunzle ich oft, wenn ich Besuch aus dem Rheinland habe und jemand nach unserem „Kennenlern-Moment“ fragt. Ich erzähle dann vom Kohlrabi, von den Eiern, vom Dill. Und vom ersten Mal, als er mir sagte: „Du schnarchst. Aber ich mag das.“ Das war seine Version von „Ich liebe dich“. Und ich hab’s verstanden.
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